Berlin. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) entsendet im September Wahlbeobachter nach Deutschland. Es handelt sich dabei erstmals um eine Delegation der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, sagte die Leiterin der Wahlbeobachtungsbehörde mit Sitz in Dänemark, Iryna Sabashuk, dieser Zeitung. Parlamentarier aller 57 OSZE-Staaten werden dafür nach Deutschland kommen.
Die Details werden dieser Tage festgelegt, fest stehe, dass die Beobachter mehr als 50 Wahllokale in ganz Deutschland sowie deren Anleitung durch die Wahlleitungen stichprobenartig besucht werden. Der Beobachtungszeitraum betrage ausschließlich die Bundestagswahl an sich, nicht die Vor- oder Nachbereitung.
Derweil prüfe mit dem Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) die andere OSZE-Abteilung, die weltweit Wahlbeobachtung betreibe, eine Entsendung nach Deutschland derzeit noch.
„Keine innerdeutschen Gründe“
Die Entscheidung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE sei Ende voriger Woche gefallen, so Sabashuk. Zuvor habe es in Berlin zwar auch Gespräche mit Vertretern der derzeitigen Bundestagsparteien CDU, CSU, SPD, Grünen, Linken sowie mit denen der aussichtsreichen FDP und AfD und von Außen- und Bundesinnenministerium. Maßgeblich für die Entscheidung der Führung der Parlamentarischen Versammlung seien jedoch interne Beratungen gewesen.
Zugleich widersprach die Behördenchefin dem – unter anderem von der AfD geweckten – Eindruck, die Entsendung von Beobachtern deute darauf hin, dass im Wahlsystem der Bundesrepublik etwas im Argen liege. „Es gibt keine innerdeutschen Gründe für die Entscheidung“, sagte Sabashuk.
Vielmehr hätten die Parlamentarier der 57 OSZE-Staaten mehrheitlich den Eindruck gehabt, dass „in der Vergangenheit Wahlbeobachtung fast ausschließlich östlich von Wien vorgenommen wurde: in Asien, im Kaukasus und in Osteuropa. Es gab das Gefühl eines Ungleichgewichts.“ Dass nun die deutschen Bundestagswahlen genauer kontrolliert werden, solle zu einem gewissen Ausgleich führen.
Bundesregierung hatte Wahlbeobachter eingeladen
Nicht zuletzt habe es außerdem eine offizielle Einladung der Bundesregierung an die OSZE gegeben, Wahlbeobachter zu schicken. Während die ODIHR-Führung noch prüfe, ob sie diese annehmen soll, hätten sich die Parlamentarier im Sinne des internationalen Ausgleichs dafür entschieden.
Die Co-Vorsitzende der AfD Berlins, Beatrix von Storch, hatte nach dem Termin mit den OSZE-Vertretern von Missständen bei deutschen Landtags- und Bundestagswahlen gesprochen. Vor allem werde ihre Partei im Wahlkampf gezielt behindert. „Wir fordern die OSZE auf, nicht nur die Bundestagswahl in Deutschland zu begleiten, sondern vor allem auf Behinderungen unseres Wahlkampfs zu achten, deren Intensität immer weiter zunimmt“, erklärte von Storch. „Freie Wahlen erfordern einen diskriminierungsfreien Wahlkampf.“
Für die OSZE insgesamt wäre es allerdings nicht das erste Mal, Wahlbeobachter nach Deutschland zu entsenden. Das Menschenrechtsbüro ODIHR hatte bereits zweimal die Einladung der Bundesregierung angenommen und Missionen geschickt: zu den Bundestagswahlen 2009 und 2013. Zur letzten war auch die AfD angetreten und mit 4,7 Prozent knapp an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Bei beiden Wahlen hatten die OSZE-Missionen keinerlei Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gefunden.
Die OSZE ging vor 22 Jahren aus der 1975 gegründeten Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervor und soll einen dauerhaften Frieden in Europa sichern. Zu ihren Mitgliedern zählen neben allen Staaten Europas inklusive der Türkei auch die Mongolei, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie die USA und Kanada.