Berlin/Düsseldorf/München – Seit 2013 steht die Beschneidung weiblicher Genitalien in Deutschland unter Strafe. Dies hält jedoch Migranten aus Ländern mit Beschneidungstradition nicht davon ab, das schmerzhafte Ritual weiter zu praktizieren. Die Mädchen werden dafür einfach in den „Ferien“ in die Heimat geschickt, wie die WELT berichtet.
Auch wenn in Deutschland der Ritus verboten ist, gehen Experten von einer Dunkelziffer aus. Die Politik ist alarmiert.
Seit 2013 gilt die Genitalverstümmlung als eigener Straftatbestand und obwohl das so ist, verzeichnen Behörden keinerlei Strafanzeigen dazu.
Aufgrund der hohen Zahl an Zuwanderern aus Ländern in denen die Beschneidung der weiblichen Genitalien zum Alltag gehört, gehen Menschenrechtsorganisation auch in Deutschland von einer Ausbreitung der Praktiken aus.
So glaubt auch der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (65, CDU), nicht daran, dass es Fälle von Beschneidungen niemals gegeben hätte. Vielmehr befürchtet er, das aus Angst die Vorfälle verschwiegen werden.
An eine Zunahme der weiblichen Beschneidung in Deutschland warnt auch die Organisation „Terre de Femmes“.
Vor allem die komplette Entfernung der Klitoris, die „pharaonische Beschneidung“, sei eine besonders extreme Form, die praktiziert wird.
„Es vergeht inzwischen kaum ein Tag, ohne dass eine beschnittene Frau den Weg in meine Praxis findet“, wie die Münchner Abendzeitung eine Frauenärztin zitiert.
Allein in München sind 800 und in der gesamten Bundesrepublik bis zu 5700 Mädchen von einer Genitalverstümmelung bedroht. Nach einer Studie des Bundesfamilienministerium leben in Deutschland etwa 50.000 Frauen, die bereits Opfer der Praktik in ihren Heimatländern geworden sind.
Doch warum werden Mädchen einer solchen schmerzhaften Praxis unterzogen?
Die Antwort liefert die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) in einem Dossier: „Da die Frau je nach Beschneidungsform wenig bis keine sexuelle Lust verspürt und beim Sex starke Schmerzen hat, soll die Genitalverstümmelung sie zudem vor dem Fremdgehen ’schützen'“.
„Das bleibt ein patriarchalischer Impuls zur Kontrolle der Sexualität der Frau. Die Treue zum Ehemann soll dadurch garantiert werden“, erklärt ein Oberarzt der Abendzeitung.
In 29 Ländern wird die sogenannte „Female Genital Mutilation“ (FGM) praktiziert. Vor allem in afrikanischen Ländern wie Somalia, Ägypten, Eritrea oder aber auch in Indonesien, werden die Mädchen meist ohne Narkose und mit einer Rasierklinge auf brutale Weise verstümmelt.
Die Folgen: Neben einem lebenslangen Trauma auch Beschwerden, wie chronische Infektionen oder Schmerzen während der Periode.
Doch es regt sich weiter Widerstand gegen das archaische Ritual. Moderne Afrikanerinnen wehren sich vehement gegen die Tradition. „Das Beschneidung-Verbot in Deutschland finden gerade junge Flüchtlingsfrauen aus FGM-Zonen sehr erleichternd und gut“, berichten Sozialarbeiterinnen.
Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack. Aufgrund der Flüchtlingsbewegungen bleibt das Thema in der Politik präsent und lässt sich laut NRW-Innenminister Reul nur durch Aufklärung und einer „Null-Toleranz-Politik“ dauerhaft bekämpfen, schließlich praktizieren im stillen Kämmerlein Ärzte und Eltern das Ritual im schatten der deutschen Politik trotz hoher Strafen.
Fotos: Arno Burgi/dpa, UNICEF, DPA