Berlin – Die Salafisten-Szene in Deutschland ist in den vergangenen fünf Jahren enorm gewachsen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums bekennen sich inzwischen bundesweit rund 11.000 Menschen zu dieser ultrakonservativen islamischen Strömung.
Das sind doppelt so viele Salafisten wie im Jahr 2013. Damals hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz diesem Spektrum etwa 5500 Menschen zugerechnet.
Zuerst hatte der „Tagesspiegel“ unter Berufung auf Tendenzmeldungen der Landesbehörden für Verfassungsschutz über den jüngsten Anstieg berichtet. Es sei allerdings zu beobachten, dass sich die Zunahme des Spektrums verlangsame, sagten Sicherheitsexperten der Zeitung.
Eine Stagnation oder gar ein Rückgang sei aber immer noch nicht in Sicht. Ein möglicher Grund für die etwas gesunkene Anziehungskraft könnten die militärischen Niederlagen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und in Syrien sein.
Experten unterscheiden zwischen pietistischen, politischen und militanten Salafisten. Alle Salafisten leben nach strengen religiösen Regeln und lehnen die Werte westlicher Gesellschaften ab. Die Anhänger dieser sunnitischen Strömung des Islams interessieren sich für einen Dialog mit Andersgläubigen in der Regel nur als Teil ihrer Missionierungsarbeit. Ein Teil der in Deutschland lebenden Salafisten akzeptiert Gewalt und Terror als Mittel zur Durchsetzung der Ziele der Bewegung.
Es falle auf, dass kleinere Bundesländer wie Hamburg oder Berlin von dem Anstieg der Salafistenzahlen stärker betroffen seien als größere, zitierte der „Tagesspiegel“ Sicherheitskreise.
Wie die Zeitung unter Berufung auf das Landesamt für Verfassungsschutz berichtete, leben in Hamburg inzwischen 798 Salafisten. Mehr als die Hälfte von ihnen (434) seien Dschihadisten und damit generell gewaltbereit.
Als islamistische Gefährder – also Menschen, denen die Sicherheitsbehörden sogar einen Terrorakt zutrauen – stuft das Bundeskriminalamt derzeit bundesweit rund 760 Personen ein. Mehr als die Hälfte hält sich demnach aktuell in Deutschland auf, 153 der Gefährder sind demnach in Haft.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte, im Koalitionsvertrag von Union und SPD sei festgeschrieben, dass die bestehenden Präventionsprogramme „weitergeführt und auch verstärkt werden“. Für Förderprogramme, die verhindern sollen, dass sich vor allem junge Menschen radikalisieren, ist auf Bundesebene auch das Familienministerium zuständig.
Beim Bundesinnenministerium ist man nach eigenen Angaben der Auffassung, dass Prävention und Repression „Hand in Hand“ gehen sollten. Die Behörde hält eine Stärkung der im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angesiedelten Beratungsstelle „Radikalisierung“ für sinnvoll.
Die Bundesregierung hat nach Angaben des Ministeriums zudem eine Ausweitung der Forschung zur Wirksamkeit der bereits existierenden Maßnahmen und Projekte veranlasst.
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