Zu einem Seminar über Meinungsfreiheit habe ich Thilo Sarrazin und Marc Jongen eingeladen. Meine Universität hat mir dafür die Mittel gestrichen. Warum ich trotzdem an der Einladung festhalte. Ein Gastbeitrag.
Das imperium paternale schlägt zurück. Seit bekannt wurde, dass ich im Rahmen eines Seminars zur Meinungsfreiheit auch den AfD-Politiker Marc Jongen und Thilo Sarrazin zu universitätsöffentlichen Vorträgen eingeladen habe, begegne ich vernünftiger Kritik, bin aber auch Zielscheibe von Dogmatismus und Denunziation. Nur wenige machen ihren Kopf frei für den eigentlich nicht schweren Gedanken, man könne tatsächlich einen Redner einladen, ohne ihm zuzustimmen. Ich bin jedenfalls genötigt, hier noch einmal ausdrücklich festzuhalten: Ich habe absolut nichts zu schaffen mit der AfD oder irgendwelchen anderen rechten oder rechtsextremen Gruppierungen. Ich stehe in der Tradition der Rechtsphilosophie Kants, meine Sache ist die der Freiheit.
In der Veranstaltung geht es um die Philosophie und Praxis der Meinungsfreiheit. Dazu rechne ich auch die Redefreiheit, die Wissenschafts- und Lehrfreiheit und schließlich die Freiheit der Kunst. Über die Meinungsfreiheit – und nicht etwa über den Islam oder die Flüchtlingskrise – halten Sarrazin und Jongen ihre Vorträge. Zur Grundlegung lesen wir Mills Freiheitsschrift und einen zeitgenössischen Text. Lesen werden wir vorab auch die Redemanuskripte, nicht zuletzt um auszuschließen, dass die Redner den Vortrag zu anderem nutzen als zur Debatte über die Grenzen der Redefreiheit. Übrigens habe ich ein gutes Dutzend Personen aus dem linken Spektrum eingeladen, auch von meiner Universität. Mit einer Ausnahme kamen nur Absagen, oft explizit mit Verweis auf Sarrazin und Jongen. Später habe ich auch alle professoralen Mitglieder des Fakultätsrates sowie die Mitglieder des Dekanats eingeladen, einen Vortrag zu halten, nachdem ein Redner abgesagt hatte. Es gab keine Reaktion.