Die Dublin-Regeln sind klar: Das Land, in dem Migranten die EU betreten, ist für sie zuständig. Griechenland widersetzt sich dieser Pflicht. Das Land hat zudem eine wichtige Regelung des EU-Türkei-Abkommens nie durchgesetzt.
Griechenland verweigert in fast allen Fällen die Rücknahme unerlaubt weitergereister Migranten. Im laufenden Jahr erhielt Athen von Schengen-Staaten 7589 Anfragen, den Dublin-Regeln entsprechend dorthin weitergezogene Asylbewerber zurückzunehmen. Positiv beantwortet wurden lediglich 323 davon, überstellt wurden nur 14 Migranten. Dies teilte die EU-Kommission WELT AM SONNTAG auf Anfrage mit.
Umgekehrt funktioniert der Rücknahmeprozess besser. Griechenland stellte 3435 Ersuche, erhielt 1693 Zusagen, in 1364 Fällen kam es zur Überstellung in Schengen-Staaten. Die Dublin-Regeln besagen, dass das Land die Verfahren übernehmen muss, in dem der Flüchtling zuerst EU-Boden betreten hat.
Schlecht funktioniert indes auch die Umsetzung der EU-Türkei-Vereinbarung durch die griechischen Behörden. In dem Abkommen vom März 2016 ist – um illegale Zuwanderung übers Meer abzuschrecken – festgelegt, dass alle über die Türkei auf den Ägäisinseln ankommenden Migranten in die Türkei zurückgeschickt werden. Im Gegenzug versprach die EU, für jeden zurückgebrachten Syrer, einen aus dem Bürgerkriegsland stammenden Flüchtling einzufliegen.
Allerdings wurden laut einer Aufstellung des UNHCR bis Ende August dieses Jahres lediglich 1907 Personen abgeschoben – obwohl seit April 2016 fast 110.000 Menschen gelandet sind. Es wurde also nur etwa einer von 50 Bootsmigranten in die Türkei zurückgebracht. 351 Abgeschobene waren den Angaben zufolge Syrer, dies entspricht einem Anteil von 18 Prozent. 38 Prozent stammten aus Pakistan, elf Prozent aus Algerien und sechs Prozent aus Afghanistan.