Essen. Prozesstag drei im Clan-Prozess um eine Schulhof-Prügelei in Essen. Erst legte das Opfer Mohamed R., Sohn der Essener Clan-Größe Jamal R., einen respektlosen Auftritt in seiner Zeugenbefragung hin, dann flogen die Fetzen.
Essen: Clan-Prozess unterbrochen
Einige der Angeklagten hatten sich schon bei dem Opfer entschuldigt, als es um die Frage eines Treffen zwischen dem Opfer und dem Angeklagten Ahmed M. in der JVA ging. Ein solches Treffen habe es nicht gegeben, sagte das als Zeuge geladene Opfer. „Du lügst“, widersprach Ahmad M. Das brachte das Fass im Gerichtssaal 101 offenbar zum Überlaufen.
Beleidigungen im Gerichtssaal
„Ich fick deine Mutter, du Hurensohn!“, brüllte ein junger Mann, offenbar der Bruder des Opfers, aus dem Zuschauerraum. „Du Kelb“ (arabisch für Hund), erwiderte Ahmed M. Da brannten einigen Zuschauern endgültig die Sicherungen durch. Es kam zu einem Tumult im Saal, Schubsereien folgten.
Richterin Claudia Schlarb musste die Sitzung unterbrechen. Ein Großaufgebot von Justizbeamten und Polizisten mussten einige Clan-Angehörige aus dem Saal führen. Von vier Männern wurden die Personalien aufgenommen und ihnen ein Platzverweis erteilt, so Polizeisprecherin Sandra Steinbrock.
Unklar ist, warum die Lage im Saal derart eskalierte. Wurden womöglich vorab gemachte Absprachen gebrochen? Denn die Familien Saado und Rammo hatten sich laut Aussage des Opfers bereits vertragen, ein Friedensrichter hatte im vergangenen Sommer nach dem Prügel-Angriff der acht Angeklagten vermittelt. Auch Geld soll an das Opfer der Prügelei geflossen sein.
Möglicherweise sah dieser Deal auch vor, Ahmed M. die Hauptschuld für den Angriff in die Schuhe zu schieben. Denn er wurde von den Mitangeklagten zum Teil schwer belastet. >>> hier mehr zum Prozessauftakt und den Hintergründen
Zwischen der Familie Rammo und der ebenfalls in den Angriff involvierten Familie El-Zein soll ebenfalls Frieden geschlossen worden sein.
Respektlosauftritt des Opfers
Doch nicht nur die Tumulte sorgten im Saal für Kopfschütteln, auch Aussagen des Opfers und eines Angeklagten. Auf eine Frage von Richterin Schlarb blaffte Mohamed R.: „Sie stellen komische Fragen.“ Als die Richterin daraufhin klarstellte, dass sie die Fragen im Prozess stelle und er die Antworten gebe, erwiderte Mohamed R. frech: „Bleiben Sie auf dem Boden, haben sie Respekt!“ Eben genau jenen hatte das Opfer, dass selbst wegen des Verdachts der Vergewaltigung in U-Haft sitzt, jedoch gänzlich vermissen lassen.
Ein Großteil der Angeklagten entschuldigten sich beim Angriffsopfer. Mohammad S. wollte dieses sogar umarmen. Das Gericht lehnt diesen Vorschlag jedoch ab, es blieb bei der verbalen Entschuldigung. Und dem Zusatz: „Frohes Neues übrigens!“ Wenig später kochten die Emotionen dann hoch. Der Prozess konnte nach einer halbstündigen Unterbrechung fortgesetzt werden. Ein Urteil soll Mitte Januar fallen. (ms)