Die Zeitung Die Welt befasst sich mit der Benalla-Affäre und konstatiert die erste schwere Krise in der Regierung Macrons. Indirekt deutet sie eine homosexuelle Beziehung zwischen Macron und seinem ehemaligen Leibwächter an.
In der sogenannten Benalla-Affäre hat die Welt in einem Artikel vom Montag angedeutet, dass der französische Staatspräsident Emmanuel Macron eine homosexuelle Beziehung zu seinem ehemaligen Leibwächter unterhalten haben könnte.
Im Mittelpunkt der gegenwärtigen Affäre steht erst einmal der ehemalige Leibwächter und persönliche Mitarbeiter Macrons, Alexandre Benalla. Dieser hatte sich während einer Demonstration am 1. Mai als Polizist verkleidet und Demonstranten verprügelt. Dabei wurde er gefilmt, vor einer Woche berichtete die Zeitung Le Monde über den Fall und nannte den Namen des Schlägers. Damit war der Skandal in der Welt.
Benalla wurde wurde Anfang Mai für einige Tage suspendiert, nachdem ein Vorgesetzter von seinen Übergriffen bei der Demonstration erfahren hatte. Auch der Innenminister Gérard Collomb wusste schon am 2. Mai von den Vorkommnissen. Danach wies man Benalla angeblich einen neuen Arbeitsplatz zu.
Nachdem der Fall bekannt wurde, eröffnete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Benalla, wegen Gewalttätigkeit und Amtsanmaßung, schließlich wurde er vom Élysée-Palast gefeuert.
Präsident Macron hat sich am Dienstagabend erstmals zur Affäre geäußert und die Verantwortung übernommen. „Der Verantwortliche, der einzig Verantwortliche, das bin ich und ich allein“, sagte Macron vor Abgeordneten, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. „Ich bin es, der Alexandre Benalla vertraut hat. Ich bin es, der die Strafe bestätigt hat“. Mit Strafe meint der Präsident die zweiwöchige Suspendierung Benallas im Mai.
Macron steht auch nach diesen nicht öffentlichen Äußerungen weiter in der Kritik. Nach einer Umfrage des Instituts Elabe zeigten sich 80 Prozent der Franzosen schockiert über den Skandal.
Fragwürdig ist zum einen der Umgang der Regierung Macron mit der Affäre. Macron hatte lange geschwiegen und versucht, die Geschichte unter der Decke zu halten. Zum anderen fragen sich viele Franzosen, wie ein Sechsundzwanzigjähriger ehemaliger Türsteher überhaupt leitender Sicherheitsbeamter des Präsidenten werden und in dieser Funktion zahlreiche Privilegien genießen konnte.
So erhielt Benalla von der Pariser Polizei einen Waffenschein, nachdem ihm dieser zuvor vom Innenministerium verweigert worden war. Er bekam einen Dienstwagen mit Blaulicht und Chauffeur, eine Dienstwohnung, die für 180.000 Euro renoviert werden sollte und erhielt eine Beförderung zum Oberstleutnant der Reserve der Gendarmerie.
Angesichts dieser Privilegien stellt sich die Frage nach der Art der Beziehung zwischen Macron und Benalla. Benalla war bei jedem Ausflug und jeder Reise der Macrons dabei, er sollte sich auch in ihrem diesjährigen Sommerurlaub begleiten und verfügte sogar über die Schlüssel für das Privathaus der Macrons in der Normandie. Le Point zitiert einen Vertrauten Macrons mit den Worten, Benalla habe „in der Privatsphäre des Präsidentenpaares gelebt“.
Die Welt bringt den Benalla-Skandal nun als erstes deutsches Mainstreammedium mit einer angeblichen Homosexualität Macrons in Verbindung. Die Benalla zugewiesene komfortable Dienstwohnung befinde sich „pikanterweise in demselben Gebäude, in dem François Mitterrand jahrelang seine Zweitfrau und seine uneheliche Tochter Mazarine versteckte und unter Stillschweigen der Eingeweihten ein Doppelleben führte“. Und:
Es herrscht Fassungslosigkeit bei den Franzosen, denen Macron eine ‚mustergültige Republik‘ versprochen und der sich zugute gehalten hatte, als erste Amtshandlung ein ‚Gesetz zur Moralisierung der Politik‘ auf den Weg gebracht zu haben. Inzwischen fragen sich viele, ob die Schäferstündchen seines Vorgängers François Hollande im Vergleich nicht harmlos waren.
Am Ende des Artikels wird noch erwähnt, dass manche nicht zögern, „die „Intimität“ oder die „Natur der Beziehung“ zwischen Benalla und Macron zu hinterfragen“. Die Kommentare unter dem Artikel sind da weniger zurückhaltend und diskutieren offen die mögliche homosexuelle Beziehung der beiden.
Während des Wahlkampfes für die Präsidentschaftswahl 2017 hatte Macron Gerüchte über seine angebliche heimliche Homosexualität dementiert und als Kampagne bezeichnet. Seine Ehefrau Brigitte hatte im Wahlkampf eine wichtige Rolle gespielt.
Macrons Glaubwürdigkeit hat schon jetzt unter der Benalla-Affäre gelitten. Sollten sich die nun durch die Merkwürdigkeiten der Affäre neu befeuerten Gerüchte in irgendeiner Form bewahrheiten, könnte seine Präsidentschaft in Gefahr sein.
Als Sputnik während des Wahlkampfs im Februar 2017 erstmals von einer möglichen Homosexualität berichtete, wurde dem Nachrichtenportal noch die Verbreitung von „Fake News“ und eine Einmischung in den französischen Wahlkampf vorgeworfen. Kritik an der Darstellung der Welt ist bisher noch nicht bekannt geworden. Wenn zwei das Gleiche tun, ist es eben noch lange nicht dasselbe.