Hiddenhausen (WB). Als Ouadud Abdul 2015 nach Deutschland kam, war er froh, erst einmal in Sicherheit zu sein. Dass er hier die große Liebe finden würde, daran hätte er damals nicht gedacht. Heute – gut drei Jahre später – sind der 43-Jährige aus Bangladesch und Angelika Rieke (57) aus Hiddenhausen unzertrennlich. Ein Happy End ist noch nicht ganz in Sicht.
Rieke und Abdul möchten heiraten, und das »so schnell wie möglich. Am liebsten hätten wir das schon vor einem Jahr getan«, verraten die Beiden und schauen sich verliebt in die Augen. Jedoch ist das nicht so einfach. Derzeit scheitert die Eheschließung noch an den fehlenden Papieren aus der Deutschen Botschaft in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs.
Antrag auf Asyl wurde abgelehnt
»Wir warten seit Wochen darauf. Wir haben schon Dokumente beim Standesamt eingereicht. Die sind allerdings aus Bangladesch zurück gekommen, weil der Inhalt nicht bestätigt werden konnte«, erzählen Rieke und Abdul. Doch das ist nicht die einzige Sorge des Paares. Da ist auch noch die drohende Abschiebung Abduls. Das Bundesamt für Migration hat seinen Antrag auf Asyl abgelehnt. Er hat Klage eingereicht. »Ich habe panische Angst davor, dass ich eines Nachts abgeholt werde«, sagt der Flüchtling.
Doch der Reihe nach: Ouadud Abdul floh 2001 aus Bangladesch. Er hatte damals als Muslim eine Christin geheiratet und hat mit ihr ein Kind, was die Familie der Frau und seine eigene nicht akzeptiert hätten. Sein eigener Bruder habe ihn mit einem Messer attackiert, sein Schwiegervater habe ihm ins Bein geschossen.
Flucht ohne Ehefrau und Kind
Abduls Flucht führte ihn und seine Frau zunächst nach Indien, das zweite Kind war bereits unterwegs. Eine gemeinsame Flucht wurde von hier aus unmöglich. Für Ouadud Abdul ging es weiter über Pakistan, den Iran, über Mazedonien und Ungarn. »Ich war krank, konnte oft nicht arbeiten, hatte Hunger und schlief nachts unter Bäumen«, erzählt der gelernte Grafik-Designer. Seine Religionszugehörigkeit sei ihm immer wieder zum Verhängnis geworden. Er sei verprügelt und getreten worden. Man habe ihm die Haare abrasiert, ihm Fuß- und Fingernägel ausgezogen. In Pakistan habe man ihn für einen Terroristen gehalten. Narben am ganzen Körper zeugen noch heute von Misshandlungen. In Indien und in Istanbul/Türkei habe er im Gefängnis gesessen.
Zum ersten Mal zur Ruhe kam Ouadud Abdul in Griechenland, wo er zehn Jahre lang lebte und in der Gastronomie arbeitete. »Wochenlang war ich hierher zu Fuß unterwegs, hatte nichts zu essen und zu trinken«, erzählt der Bangladeschi. Als er in Griechenland angekommen sei, habe er nicht einmal mehr sprechen können. »Ein Mann hat mir Brot und Wasser gegeben«, erinnert er sich. Einer der glücklichsten Momente in seinem Leben. »I don’t forget die Mann«, sagt er heute halb auf Englisch, halb auf Deutsch. Verschiedene Sprachen hat er auf seiner Flucht lernen müssen. Deutsch war es, als er 2015 wegen der Krise in Griechenland nach Deutschland kam. Er stellte in Bielefeld einen Asylantrag und wurde Hiddenhausen zugewiesen. Hier stand für Abdul ein Sprachkurs an. Zur gleichen Zeit entschied sich Angelika Rieke – damals war sie arbeitslos – als Deutschlehrerin für Flüchtlinge aktiv zu werden.
Google-Übersetzer hat geholfen
So besuchten Rieke und Abdul den Sprachkurs in der OPG, nicht ahnend, dass sie hier auch ihr Glück finden würden. »Ouadud kam immer zum Kurs in die OPG, bis er eines Tages meinte, er wolle schneller Deutsch lernen. Ob er nicht zu mir nach Hause kommen dürfe, fragte er mich«, erzählt Angelika Rieke. So kamen Abdul und ein Freund aus Bangladesch zu Angelika Rieke nach Hause und lernten Deutsch. »Wir haben oft zusammen gegessen«, erzählt Rieke. Ouadud könne fantastisch kochen. Ganz langsam habe man sich angenähert. »Ouadud kam dann immer öfter allein zu mir«, erzählt die 57-Jährige. Am Ende blieb er. Und so richtig gut Deutsch habe er zu der Zeit noch nicht gekonnt. »Da half uns der Google-Übersetzer«, schmunzeln beide. Inzwischen arbeiten sie in einer Verpackungsfirma in Löhne und haben sich ihr Leben eingerichtet, wie die meisten Paare auch. Ihr sehnlichster Wunsch ist nun die Hochzeit. Noch immer warten sie auf die Papiere aus Bangladesch, die dokumentieren, dass Abdul geschieden ist. Denn jeder, der in Deutschland heiraten möchte, muss seinen Familienstand nachweisen.
»Sollte das wieder nicht klappen«, so informiert Ordnungsamtsleiter Jörg Luttmann, »gibt es noch die Möglichkeit, dass das Oberlandesgericht in Hamm eine Befreiung erteilt und der Hochzeit dann nichts mehr im Wege steht.« Die Chancen stünden gut. »Unser Standesamt freut sich jedenfalls darauf, die beiden verheiraten zu können«, sagt Luttmann.