Vor drei Jahren ist Hasso M. (55) untergetaucht. Vor der Flucht aus Dessau (Sachsen-Anhalt) soll der Mann seine Tochter Rokstan (20) erwürgt haben. Auf Anweisung seiner Frau. Ein Mord, für den sich heute niemand mehr interessiert.
„Es gibt bislang keine Anklage gegen den Vater des Opfers“, bestätigt ein Justizsprecher gegenüber BILD.
Offiziell existiert ein internationaler Haftbefehl. Allerdings wird der mordverdächtige Vater, ein Kurde, im syrischen Kriegsgebiet vermutet. Zielfahnder aus Sachsen-Anhalt sind dort nicht im Einsatz. Das Risiko ist zu groß.
Drei Jahre nach dem Verbrechen an der Dolmetscherin aus Syrien im Oktober 2015 stehen damit die Chancen schlecht, dass der Schuldige zur Verantwortung gezogen wird.
Tat und Umstände sind genau dokumentiert
Rokstan M. vertraute sich vor ihrem Tod Freunden an. Für ein Buchprojekt gab die zierliche junge Frau ein ausführliches Interview. Rokstan schilderte so vier Wochen vor ihrem Tod: „Meine Mutter will, dass ich sterbe … Sie hat mehrfach versucht, mich zu töten.“
Hintergrund: In Syrien war Rokstan im Alter von 17 Jahren von drei Soldaten vergewaltigt worden. Damit galt sie als „beschmutzt“.
In ihrer neuen Heimat in Sachsen-Anhalt weigerte sich Rokstan, nach den Regeln und Traditionen ihrer Eltern zu leben. Als sie sich mit einem Mann anfreundete und schwanger wurde, bedeutete das ihr Todesurteil.
Rokstans Leiche wurde schließlich im Kleingarten der Familie entdeckt. Auf dem Grundstück fanden die Ermittler eine Erdgrube, in der die Familie die Leiche verschwinden lassen wollte.
Roda M. (46), Rokstans Mutter, lebt weiter unbescholten in Dessau. Auch gegen sie gibt es keine Anklage. BILD-Reportern erklärt die Frau knapp: „Wir wollen in Ruhe gelassen werden. Wir trauern.“