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Jan 07

Anschlagsserie: Sachsens Problem mit dem Linksextremismus

Die Außenstelle des Bundesgerichtshofes in Leipzig ist das jüngste Ziel von Linksextremisten in der Stadt. Leipzig gilt neben Berlin und Hamburg als Hochburg linker Gewalt. Eine eigene Ermittlergruppe soll die professionellen Täter nun aufspüren.
Quelle: WELT / Sebastian Struwe

Leipzig gilt neben Hamburg und Berlin als Zentrum des Linksextremismus. Die jüngste Tat ereignete sich in der Silvesternacht – ein Brandanschlag auf die dortige Außenstelle des Bundesgerichtshofs. Dabei entstand ein Sachschaden von mindestens 100.000 Euro.

Beim Anschlag auf die Außenstelle des Bundesgerichtshofs in Leipzig in der Silvesternacht ist ein Sachschaden in Höhe von mindestens 100.000 Euro entstanden. Die Täter hatten versucht, die Eingangstür des 5. Strafsenats in Brand zu setzen. Auf der Rückseite der Villa Sack wurde eine hölzerne Notausgangstür angebrannt.

Außerdem registrierte die Polizei eingeschlagene Fensterscheiben und drei durch Pyrotechnik angezündete Fahrzeuge. „Der Sachschaden beträgt insgesamt schätzungsweise mindestens 100.000 Euro“, sagte der Präsident des sächsischen Landeskriminalamtes (LKA), Petric Kleine, gegenüber WELT.

Nach seinen Angaben sind die Täter „hoch professionell“, „arbeitsteilig“ und „schnell“ vorgegangen. Ihr Zeitfenster sei eng gewesen, es betrug nur „zwölf bis 15 Minuten“. „Vor dem Haupteingang des Gebäudes haben sie zwei Autoreifen vermutlich mit Benzin in Brand gesetzt“, so Kleine. Ein Eindringen in die Außenstelle des Gerichts sei nur deshalb verhindert worden, weil die Tür aus Metall und die Fenster aus Sicherheitsglas bestünden.

Eine hoch professionelle Tat, Dutzende Täter

Wie professionell die Tat begangen wurde, zeigen die Details. „Die Straftäter haben Werkzeug mitgeführt“, erklärte Kleine. So schalteten sie die Videoüberwachung aus, indem sie die Kameras mit schwarzer Farbe besprühten. Und sie brachten eine Leiter mit, kletterten über den Schutzzaun, der die dreigeschossige, auf einem parkartigen 6000-Quadratmeter-Grundstück gelegene Villa Sack umgibt.

Ihr Name rührt vom früheren Eigentümer her, dem Landmaschinenunternehmer Gustav Rudolph Friedrich Sack, der dort in den 30er-Jahren lebte.

Die Villa Sack, der Sitz der Leipziger Außenstelle des Bundesgerichtshofs – die Brandspuren am Eingang sind von Weitem zu sehen
Die Villa Sack, der Sitz der Leipziger Außenstelle des Bundesgerichtshofs – die Brandspuren am Eingang sind von Weitem zu sehen

Quelle: dpa-infocom GmbH

Um den Anschlag aufzuklären, haben das Polizeipräsidium Leipzig und das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) eine gemeinsame Ermittlungsgruppe eingerichtet. In welche Richtung ermittelt wird, deutet deren behördeninterner Name an: „GEG LE“ – die letzten beiden Buchstaben stehen für „Linksextremismus“.

Bisher gibt es keinen konkreten Tatverdacht gegen eine bestimmte Person. Die Polizei wertet noch Spuren, Zeugenaussagen und Hinweise aus. Momentan führt sie eine Anwohnerbefragung durch und sucht weitere Zeugen.

Die Guerillataktik beim Leipziger Brandanschlag erinnert an die Ausschreitungen beim G-20-Gipfel in Hamburg 2017, aber dieses Mal wurden keine Menschen verletzt. Leipzig ist neben Hamburg und Berlin ein Zentrum linksradikaler Gewalt.

Die etwa 50 bis 60 Vermummten, die in der Silvesternacht an mehreren Stellen Feuer legten, wurden von Augenzeugen beobachtet. Die Täter hatten in der Nähe der Dependance des Bundesgerichtshofes Barrikaden errichtet und sogenannte Krähenfüße auf der Straße verteilt. Dadurch waren die Reifen mehrerer Einsatzwagen von den Sicherheitskräften und der Feuerwehr beschädigt worden.

Die Polizei geht von einer politischen Motivation aus, weil inzwischen ein Bekennerschreiben aufgetaucht ist. In dem Text, der auf der linken Onlineplattform Indymedia veröffentlicht wurde, reklamierten „autonome Gruppen“ den Brandanschlag für sich.

Darin heißt es: „Es scheint jedoch, als herrsche Angst an Gerichten wie diesem, die massiven Sicherheitsscheiben verhinderten unser Eindringen.“ Die Bekenner nehmen dies als Rechtfertigung ihrer massiven Brandattacke: „So blieb uns nichts anderes übrig, als die Brandsätze außen am Gebäude zu platzieren.“

Die Subdomain linksunten.indymedia war vom Bundesinnenministerium im August 2017 verboten worden. Dazu ist ein Rechtsstreit beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig anhängig.

Ihre Tat begründen die anonymen Bekenner mit angeblicher staatlicher Repression. Zum Motiv heißt es im hochfahrenden Stil revolutionärer Pamphlete:

„Gerichte sind dafür zuständig, die herrschende Grundordnung aufrechtzuerhalten. Diese staatliche Ordnung, in der die Regeln des Zusammenlebens im Sinne der staatlichen Herrschaftssicherung, kapitalistischer Ausbeutung und patriarchaler Unterdrückung festgelegt sind, entfremdet uns Menschen voneinander. Wir sollen uns den staatlichen Regeln unterwerfen und dabei die Fähigkeit verlieren unser Leben selbstbestimmt, auf Augenhöhe und solidarisch zu gestalten.“

Darüber hinaus bekennen sich die mutmaßlichen Täter in dem Schreiben zum Angriff auf ein Gebäude der Burschenschaft Corps Lusatia und zur Errichtung von Straßenbarrikaden.

In der Messestadt waren in den vergangenen Jahren wiederholt Gebäude der Justiz attackiert worden, unter anderem das Haus des Jugendrechts, das Amtsgericht oder das Bundesverwaltungsgericht. Die Polizei ordnete die Straftäter meist dem linksextremen Milieu zu, konnte sie aber nicht immer ermitteln.

Handelt es sich um eine Anschlagsserie? LKA-Präsident Petric Kleine sagte dazu, dass jedenfalls regelmäßig „staatliche Einrichtungen angegriffen werden“.

Nur durch Glück gab es keine Personenschäden beim Anschlag auf ein AfD-Büro

Das Landeskriminalamt beschäftigt noch ein anderer Fall: Vor dem AfD-Büro im sächsischen Döbeln explodierte am vergangenen Donnerstag ein Sprengsatz. Drei Deutsche im Alter von 29, 32 und 50 Jahren wurden vorläufig festgenommen. Mittlerweile sind sie wieder auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz stellte keinen Haftantrag, die Haftgründe reichten dafür nicht aus.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hatte – etwas voreilig – bereits den „schnellen Ermittlungserfolg“ gelobt. Bitter ist für ihn, dass die wahren Täter noch herumlaufen. Die Wucht der Explosion hat nach Wöllers Analyse deutlich gemacht, „dass der oder die Täter schwere Verletzungen oder Schlimmeres von Menschen billigend in Kauf genommen haben“.

Nur durch großes Glück seien bei dem „feigen Sprengstoffanschlag“ keine Menschen zu Schaden gekommen. Laut Wöller wurde damit in Sachsen eine „ganz neue Qualität von Gewalt gegen Vertreter der Politik“ erreicht.

Auch Martin Dulig (SPD), Vizeministerpräsident und Wirtschaftsminister, verurteilte die Tat. „Für den Anschlag auf das AfD-Büro in Döbeln gibt es keine Legitimation“, schrieb Dulig auf Twitter. Gewalt dürfe nicht zu den Mitteln der Demokratie gehören. Die Aufgabe bestehe darin, die AfD politisch zu bekämpfen – und nicht mit Sprengkörpern.

Die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag ordnet diesen „schweren Sprengstoffanschlag“ einer „linken Gewalt“ zu, die im Freistaat „immer schlimmer“ werde. Seit die Partei im Parlament vertreten ist, soll es insgesamt etwa 80 Attacken auf AfD-Bürgerbüros und Privathäuser von AfD-Politikern gegeben haben. Erst im Dezember war ein AfD-Büro in Borna beschädigt worden. Zwei weitere Büros in Chemnitz und Dresden wurden mit Farbe beschmiert.

Quelle: welt

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