Togolese sitzt in Abschiebehaft – Anwalt klagt. Medienbericht: Bundespolizei müsste Togoer aus Ellwangen nach Abschiebung wieder einreisen lassen
Donnerstag, 10. Mai, 08.01 Uhr: Nach einer Abschiebung nach Italien wird die Bundespolizei den Togoer von Ellwangen anstandslos wieder einreisen lassen müssen. Die Bundespolizei bestätigte auf Anfrage der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ die derzeit geltende Regel, wonach „Drittstaatsangehörigen ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente und mit Vorbringen eines Asylbegehrens die Einreise zu gestatten“ sei.
Zwar dürfe ein nach Italien abgeschobener Drittstaatsangehöriger eigentlich nicht erneut ins Bundesgebiet einreisen. Doch gilt nach Informationen der Redaktion für die Arbeit der Bundespolizei weiterhin die mündliche Anordnung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vom September 2015, von einer Einreiseverweigerung bis auf weiteres aus humanitären Gründen abzusehen. Jeder Drittstaatler ohne Papiere, aber mit Asylbegehren ist danach an die zuständige Aufnahmeeinrichtung weiterzuleiten.
Der 23jährige Togoer wehrt sich mit allen möglichen Rechtsmitteln gegen seine Abschiebung nach Italien. Seine Festnahme hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil sie zunächst von 150 bis 200 Mitbewohnern der Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen verhindert worden war.
Anwalt hat Klage gegen Abschiebung beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht
Mittwoch, 9. Mai, 17.22 Uhr: Der Anwalt von Yussif O. hat gegen die Abschiebungsanordnung von Yussif O. geklagt und einen entsprechenden Eilantrag beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gestellt. „Wir gehen davon aus, dass der Verwaltungsgerichtshof bis Freitag über den Antrag entscheiden wird“, sagte Anwalt Engin Sanli FOCUS Online.
„Richter wissen nicht, was rechtens ist“: Anwalt kündigt Klage bei Verwaltungsgerichtshof an
Dienstag, 8. Mai 2018, 19.15 Uhr: Yussif O.‘s Anwalt hat angkündigt, Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen die geplante Abschiebung seines Mandanten nach Italien einzulegen. Grund: Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat es heute angelehnt, den Beschluss auf Abweisung eines Eilantrages zu revidieren, sagte Sanli FOCUS Online. Mit dem Eilantrag hatte Sanli vergangenen September seinen Mandanten vor der drohenden Abschiebung bewahren wollen, nachdem das Verwaltungsgericht kurz zuvor den Asylantrag abgelehnt hatte.
„Das Gericht widerspricht sich gleich mehrfach in der Begründung der Ablehnung“, so Sanli. Zum Beispiel, was die Verlängerung der Frist für die Abschiebung betreffe. Laut Dublin-Regeln müssen abgelehnte Asylbewerber, die ihren Antrag in einem anderen EU-Land stellten als jenem, in dem sie in die EU eingereist sind, binnen sechs Monaten abgeschoben werden. Verstreicht diese Frist, ist fortan das Land für den Asylantrag zuständig, dass die fristgerechte Abschiebung versäumt hat.
Die Stuttgarter Richter begründen die Verlängerung von sechs auf nunmehr „höchstens 18 Monate“ jetzt mit dem „Umstand“, dass eine „Vielzahl von Mitbewohnern“ in dem Flüchtlingsheim in Ellwangen den 23-jährigen Togolesen am 30. April durch „massives Einwirken“ aus dem Gewahrsam der Polizei wieder freigepresst habe. „Das Gericht vergisst dabei völlig, dass mein Mandant überhaupt nichts mit dieser Aktion zu tun hat. Er hat sich weder gegen die Ingewahrsamnahme durch die Polizei gewehrt noch irgendjemanden im Flüchtlingsheim zur einer Befreiungsaktion oder sonstigem aufgerufen“, erklärt Sanli.
Ebenso widersprüchlich sei, wie das Verwaltungsgericht nun versuche, den Beginn für die Abschiebefrist zu interpretieren. „Offenbar wissen die Stuttgarter Richter in diesem Fall selbst nicht, was rechtens ist und was nicht. Daher werde ich nun Beschwerde beim Landes-Verwaltungsgerichtshofs einlegen – und nötigenfalls bis zum Bundesverfassungsgericht gehen.“
Flüchtlingsgruppe will Mahnwache abhalten
16.45 Uhr: Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz in der Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen haben Aktivisten für diesen Mittwoch Protestaktionen angekündigt. Bewohner der Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) würden ab Mittag auf dem Marktplatz von Ellwangen eine Mahnwache abhalten, am Abend sei eine Demonstration vor der Unterkunft geplant, teilte die in Freiburg ansässige Gruppe Aktion Bleiberecht“ am Dienstag mit. Viele Flüchtlinge seien tief verunsichert, hieß es in einer Mitteilung der Gruppe.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Abschiebung des kürzlich in Ellwangen festgenommenen Flüchtlings nach Italien derweil für zulässig erklärt. Man habe den Eilantrag des Mannes gegen die geplante Abschiebung abgelehnt, teilte das Gericht am Dienstag mit.
Anwalt des Togolesen droht Land Baden-Württemberg mit Verfassungsklage
Sonntag, 6. Mai, 11.02 Uhr: Der Anwalt des Togolesen aus Ellwangen droht dem Land Baden-Württemberg mit Verfassungsklage. Der Grund: Anwalt Engin Sanli hat nach eigenen Angaben nach wie vor nicht den Bescheid des Verwaltungsgerichts Stuttgart aus November 2017 bekommen, mit dem das Gericht eine Eilantrag des Asylbewerbers gegen die Abschiebung zurückgewiesen hat. „Wir haben den Bescheid nicht bekommen und trotzdem soll er abgeschoben werden. Das ist eine Verletzung des Grundrechtes auf ein faires Verfahren“, sagte er FOCUS Online. Sollte am Montag eine Beschwerde gegen die geplante Abschiebung des Mannes vor dem Verwaltungsgericht aus Zeitgründen keinen Erfolg versprechen, werde er vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. Hintergrund zu dem rechtlichen Streit
Anwalt Sanli sagte FOCUS Online, eine Abschiebung seines Mandanten sei auch aus rein praktischen Gründen so bald gar nicht möglich. „Er hat keinen Pass und das Konsulat braucht dafür noch einige Tage.“
Innenministerium widerspricht Anwalt: Togolese darf abgeschoben werden
23.15 Uhr: Das baden-württembergische Innenministerium hat die Darstellung von Engin Sanli, Anwalt des Togolesen, zurückgewiesen, die Abschiebung dürfe aus rechtlichen Gründen nicht stattfinden. „Der Inhaftierte sitzt aufgrund eines richterlichen Beschlusses in Haft, ein Haftrichter hat die Abschiebehaft für rechtmäßig befunden. Dies geschieht nur, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Abschiebung vorliegen“, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums auf Anfrage von FOCUS Online.
Sanli hatte zuvor gegenüber FOCUS Online erklärt, dass ein aufgrund des Dublin-Verfahrens abgelehnter Asylbewerber wie sein Mandant Yousif O. binnen sechs Monaten hätte abgeschoben werden müssen. Geschehe dies nicht, sei nach Ablauf der Frist das Land für das Asylverfahren zuständig, aus dem er hätte abgeschoben werden sollen. Der 23-Jährige Youssif O. war über Italien nach Europa gelangt und im vergangenen August nach Deutschland gekommen. Sein Asylantrag war am 18. September abgelehnt worden, er hätte demzufolge spätestens am 18. März 2018 abgeschoben werden müssen.
Das Innenministerium erklärte jedoch, dass dieser Grund nicht zähle. „Das Bamf hat die Dublin-Frist verlängert, ein Versäumnis liegt daher nicht vor“, erklärte Sprecherin Nadia El Almi. Obwohl die Klage Sanlis gegen die Ablehnung des Asylantrages noch immer nicht entschieden ist, habe dies „keine aufschiebende Wirkung“.
Zum anderen hatte Sanli seinerzeit einen Eilantrag als einstweiligen Rechtsschutz für seinen Mandanten beantragt. Dadurch wollte er verhindern, dass der Togolese abgeschoben wird. Der wichtigste Grund: Die aus seiner Sicht unmenschlichen Bedingungen in den Asylunterkünften in Italien. Das zuständige Gericht hatte jedoch erklärt, dass der Eilantrag abgewiesen worden und diese Abweisung dem Anwalt auch zugestellt worden sei. Sanli bestreitet dies jedoch und erklärte gegenüber FOCUS Online, dass er dies auch an Eides statt bestätigen werde. Auch in diesem Fall hätte die Abschiebung nicht stattfinden dürfen. Ob die Abweisung des Eilantrages allerdings tatsächlich dem Anwalt zugestellt wurde, konnte das Innenministerium weder bestätigen noch dementieren.