Horst Seehofer (70, CSU) war mal für seine harte Haltung in der Flüchtlingsfrage bekannt, riskierte damit sogar den Bruch der Schwesterparteien der Union. Doch jetzt die plötzliche Verwandlung:
Als Minister mit Regierungsverantwortung erklärt er sich bereit, ein Viertel aller in Seenot geretteten Flüchtlinge aufzunehmen. Und siehe da: Manchen Kollegen aus der CDU ist er zu weich!
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) geht ausdrücklich auf Distanz: „Das war eine Initiative des Innenministers, nicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“, sagt er.
Denn: Es stelle sich „die Frage, welches Signal man sendet, wenn man pauschal 25 Prozent der geretteten Flüchtlinge aufnehmen will“, sagte Brinkhaus den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben). „Wir dürfen Schlepperorganisationen nicht ermutigen, mehr zu machen.“
Prinzipiell gebiete es aber das „C“ im Parteinamen der Unionsparteien, Menschen aus Seenot zu retten, sagte Brinkhaus weiter.
Seehofer verteidigt seinen Rettungsplan
Die Kritik durch Brinkhaus konterte Seehofer später in eine Interview: „Wir nehmen seit knapp eineinhalb Jahren von jedem Boot, das vor Italien oder Malta anlegt, Flüchtlinge in Deutschland auf. In den letzten 15 Monaten haben wir 225 Personen übernommen. Das ist kein Geheimnis und darüber gab es bisher keine Debatten“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
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Etwaige Pull-Effekte sollten natürlich nicht geschaffen werden. „Wir wollen mit dem Mechanismus auch in keinem Fall das menschenverachtende Geschäft der Schleuser unterstützen. Sollte der Notfallmechanismus falsche Anreize setzen oder missbraucht werden, kann ich ihn jederzeit ohne weitere Konsultation einseitig für Deutschland beenden. Ich bin entschlossen, bei Bedarf davon Gebrauch zu machen.“
Applaus von SPD und Grüne für Seehofer
Seehofer hatte angekündigt, dass Deutschland bereit sei, jeden vierten nach einer Seenotrettung in der Region um Italien anlandenden Flüchtling einreisen zu lassen. Neben Frankreich, Italien und Malta sollen sich nach Vorstellungen des Ministers bald weitere EU-Mitgliedstaaten einer vorläufigen Quotenregelung für die Verteilung von Flüchtlingen anschließen.
Nach seinem Besuch in Griechenland und der Türkei sagte Seehofer beiden Ländern mehr Unterstützung bei der Bewältigung der Migrationssituation zu. Sie seien beiderseits der gemeinsamen EU-Außengrenze seit Jahren stark belastet, die Anzahl der Zuwanderer dort habe sich massiv erhöht, erklärte Seehofer am späten Freitagabend in Berlin. Hier bedürfe es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern.