Das Land arbeitet derzeit an einer entsprechenden Verordnung. Doch was bringen Waffenverbotszonen überhaupt?
Die Politik reagiert auf die wachsende Zahl von Straftaten, bei denen Messer im Spiel sind. Die Landesregierung bereitet derzeit eine Rechtsverordnung vor, die den Städten und Gemeinden erlaubt, räumlich begrenzte Waffenverbotszonen einzurichten. Dort ist das Tragen von Waffen – egal ob Messer oder Schusswaffe – untersagt, bei Verstößen wird ein Bußgeld fällig. In der Verordnung können Ausnahmen vom Waffenverbot zugelassen werden, zum Beispiel für Gastronomen oder Handwerker.
Voraussetzung für die Ausweisung einer Waffenverbotszone ist laut Waffengesetz, dass in den betreffenden Straßen, auf Wegen oder Plätzen, „wiederholt 1. Straftaten unter Einsatz von Waffen oder 2. Raubdelikte, Körperverletzungsdelikte, Bedrohungen, Nötigungen, Sexualdelikte, Freiheitsberaubungen oder Straftaten gegen das Leben begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass auch künftig mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist“. Diese Voraussetzung sieht das Innenministerium „zumindest in Teilbereichen der Landeshauptstadt Saarbrücken“ als erfüllt an. Dabei dürfte es sich um die Straßen und Plätze am Hauptbahnhof, an der Johanneskirche und im Kaiserviertel handeln, wo es nach einer Auswertung der Polizei viele Vorfälle mit Messern gibt.
Derzeit werden nach Angaben des Innenministeriums die Ergebnisse einer regierungsinternen Anhörung zum Verordnungsentwurf ausgewertet. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) hatte schon im September die Erwartung geäußert, „dass wir im Ministerrat eine Einigung erzielen“. Die Stadt Saarbrücken will die Verordnung prüfen und dann entscheiden, ob sie eine solche Zone einrichtet, wie Pressesprecher Thomas Blug sagte. „Intern beschäftigen wir uns natürlich seit geraumer Zeit mit dem Thema.“
Seit 20. September liegen erstmals belastbare Zahlen zur Messerkriminalität vor. Die Polizei hatte dazu für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 30. April 2018 ein Lagebild „Stichwaffen- und Messervorfälle“ erstellt. Das Ergebnis: 2016 gab es 562 Vorfälle, 2017 dann 672 und für 2018 wurden rund 760 Fälle erwartet. In 45 Prozent der Fälle wurde das Messer genutzt, um einen anderen Menschen zu bedrohen oder ihn zu verletzen. Die übrigen Fälle umfassen auch Ordnungswidrigkeiten und sonstige Straftaten wie Drogenhandel oder Ladendiebstahl, bei denen der Täter ein Messer dabei hatte, ohne es einzusetzen.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) beobachtet, dass die Hemmschwelle zum Einsatz von Messern und anderen gefährlichen Gegenständen sinkt. Gerade im Bereich der Zuwanderer gebe es eine andere Mentalität im Umgang mit solchen Waffen, sagt DPolG-Landeschef Sascha Alles. Er spricht von einer Art „Messerkultur“ unter jungen Männern. Die Auswertung der Polizei ergab, dass 70 Prozent der Täter Deutsche sind, Syrer und Afghanen im Verhältnis zur Einwohnerzahl jedoch überproportional vertreten sind (die SZ berichtete).
Mehrere Messerstecher der Vergangenheit waren der Polizei schon bestens bekannt. So waren bei einem 18-jährigen Syrer, der am 9. September 2017 nach Messerangriffen auf Türsteher in der Saarbrücker Kaiserstraße festgenommen wurde, in den Polizeicomputern schon 17 andere Verfahren gespeichert, unter anderem wegen Raub, Nötigung, Hausfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung und Diebstahl.
Was kann ein Waffenverbot tatsächlich bringen? „Es gibt sicherlich den positiven Aspekt, dass der Bürger von einer Verbotszone ein sicheres Gefühl erhält“, sagt David Maaß, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Ob die Zonen wirklich Personen davon abhalten, gefährliche Gegenstände mitzuführen, wage ich zu bezweifeln. Zumal der Polizei das Personal fehlt, um effektive Kontrollen durchführen zu können.“ Er gibt auch zu bedenken, dass das Waffengesetz den Besitz oder das Führen von vielen Waffen bereits unter Strafe stelle – ganz unabhängig von einer Waffenverbotszone. Bei diesen Waffen handele es sich um Gegenstände, die verheerende Verletzungen hervorrufen könnten. „Wer solche Waffen in der Öffentlichkeit führt, um sie einzusetzen, wird sich sehr wahrscheinlich nicht von einem Bußgeld abschrecken lassen“, sagt Maaß.
DPolG-Landeschef Alles präferiert einen umfassenderen Ansatz aus erhöhtem Kontrolldruck, Razzien, Videoüberwachung und verstärkter Einbindung von Ortspolizeibehörden sowie einer guten Zusammenarbeit mit Bundespolizei und Justiz. Einen Nachteil von Waffenverbotszonen sieht er in den Verdrängungseffekten: Wenn etwa vor dem Hauptbahnhof vermehrt kontrolliert werde, würden potenzielle Waffenträger diesen Bereich relativ schnell meiden. Somit müsste eine Verbotszone deutlich größer gefasst werden, was wiederum mehr Personal erfordere.
Die Bundespolizei-Inspektion Bexbach zog gestern eine sehr positive Bilanz der am Saarbrücker Hauptbahnhof von Silvesterabend 18 Uhr bis Neujahrsmorgen 6 Uhr errichteten Waffenverbotszone. Bundespolizeisprecher Dieter Schwan sagte, es gebe sogar eine gewisse „Euphorie“. „Wir haben unser Ziel erreicht. Wir können uns auch über etwas Positives freuen“, sagte Schwan. Grund für diese Bewertung sei, dass im Gegensatz zur ersten Waffenverbotszone am Hauptbahnhof, als zehn Waffen gefunden worden seien, diesmal nur eine Schreckschusswaffe entdeckt wurde. Diese sei einem Franzosen vor der Europagalerie abgenommen worden, als dieser damit herumgeballert habe. Ansonsten hätten die 14 Bundespolizisten in den zwölf Stunden bei etwa 60 Personenkontrollen einmal Drogen entdeckt. Zudem wurde ein Betrunkener im Straßenverkehr registriert und zwei Aufenthaltsermittlungen für die Staatsanwaltschaft Saarbrücken vorgenommen. „Der Einsatz hat sich voll rentiert“, betonte Schwan. Die Prävention habe sich bewährt. Wann die Bundespolizei das nächste Mal eine Waffenverbotszone am Saarbrücker Hauptbahnhof einrichten werde, stehe noch nicht fest. Diese Waffenverbotszone umfasst das gesamte Bahnhofsgelände und den Bahnhofsvorplatz.