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Jan 21

Bundesverwaltungsgericht blockiert schnelle Abschiebung

Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen, scheitert vor Gericht.

Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen, scheitert vor Gericht.Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Der Paragraf 58a Aufenthaltsgesetz galt als eine Art Zaubermittel, um islamistische Gefährder rasch abschieben zu können. Nach dem Anschlag des Tunesiers Anis Amri in Berlin im Dezember 2016 waren sich die Innenminister einig, den schnellen Rauswurf über den lange kaum beachteten Paragrafen zu starten.

Das Gesetz sieht bei Terrorgefahr die „Abschiebeanordnung“ durch die „oberste Landesbehörde“ vor, ohne den oft langen Instanzenweg einer vorher eingeleiteten Ausweisung. Doch nun gibt es einen Rückschlag. Er trifft ausgerechnet Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius.

Der Sozialdemokrat hatte 2017 als erster Minister mit dem Paragrafen 58a zwei islamistische Gefährder aus Deutschland entfernt. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte damals Pistorius, doch jetzt stoppten ihn die Richter im Fall eines von der Polizei als Gefährder eingestuften Türken. Mit bundesweiten Folgen.

Erkenntnisse zur Radikalisierung reichten nicht

Der erste Senat hob am Dienstag die Abschiebeanordnung gegen den 29-jährigen Ahmet K. auf. Den Richtern genügten die von Niedersachsen vorgelegten Erkenntnisse zur Radikalisierung von K. nicht. Die festgestellten Tatsachen trügen nicht die Bewertung, von dem Mann gehe eine nach Paragraf 58a „erforderliche besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr“ aus, teilte das Gericht mit.

Ahmet K. hatte gegen die Abschiebung geklagt, im Juni kam er bereits durch einen Eilbeschluss des Gerichts aus der Abschiebehaft heraus. Pistorius gab nicht auf, verlor nun aber auch im Hauptsacheverfahren. Die niedersächsischen Polizisten, die nach Leipzig gekommen waren, um K. für eine Abschiebung mitzunehmen, fuhren ohne ihn zurück.

Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts werde es schwerer, über den 58a ausländische islamistische Gefährder loszuwerden, sagten Sicherheitskreise am Mittwoch. Der Richterspruch sei nun der Maßstab für vergleichbare Fälle.

Innenministerium schilderte Ahmet K. als waffenaffin und gewaltbereit

Niedersachsens Innenministerium hatte dem Gericht Ahmet K. als harte Figur geschildert. Der Mann sei immer wieder straffällig geworden, habe sich der salafistischen Szene in Kassel und Göttingen zugewandt und sich in kurzer Zeit radikalisiert, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.

Der Türke wird als „waffenaffin, gewaltbereit und regelmäßiger Drogenkonsument“ beschrieben. Selbst während des Verfahrens am Bundesverwaltungsgericht habe er Rache an der Polizei angekündigt. Es sei mit schweren Straftaten zu rechnen, auch wenn noch kein Plan zur Ausführung einer Gewalttat vorliege. Die Beschreibung erinnert an die Berichte der Behörden über den Berlin-Attentäter Amri, dem allerdings kein Anschlag zugetraut wurde.

Der Anwalt von K. hält die Vorwürfe für überzogen. Sein Mandant sei dummerweise an Leute geraten, die Kontakt zu Salafisten hatten. Er habe sich jedoch „sofort distanziert“. Doch Pistorius lässt nicht locker. Noch im Gerichtssaal in Leipzig übergaben Beamte aus Göttingen K. die Verfügung zur Ausweisung. Nun beginnt, wie der Anwalt ankündigte, der Gang durch die Instanzen.

Quelle: Tagesspiegel.

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