Deutschland überlegt die Einführung einer Moschee-Steuer.
Politiker der Großen Koalition in Deutschland haben sich für die Einführung einer „Moschee-Steuer“ analog zur Kirchensteuer ausgesprochen. Ziel müsse sein, „dass sich der Islam in Deutschland von der Einflussnahme ausländischer Staaten emanzipiert und eine stärkere Inlandsorientierung gewinnt“, sagte Thorsten Frei, der Vizechef der Unions-Fraktion im Bundestag, der Zeitung „Die Welt“ (online).
Finanziell auf eigenen Füßen
Eine Moschee-Steuer würde es Muslimen erlauben, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen, betonte Frei. „Der Weg zur Erhebung einer solchen Steuer ist bereits heute grundsätzlich offen.“
Innenstaatssekretär Markus Kerber (CDU), zuständig für die Islamkonferenz, äußerte sich zustimmend. Ziel einer solchen Steuer müsse sein, dass Moscheen nicht von Finanzhilfen im Ausland abhängig seien, sagte er der „Welt“. „Diese Abhängigkeit sorgt nämlich unter anderem dafür, dass Imame aus dem Ausland in deutsche Moscheen geschickt werden und so der Einfluss zum Beispiel aus der Türkei groß bleibt.“
In Österreich sind Zuwendungen aus dem Ausland inzwischen verboten. Auf Basis des 2015 beschlossenen Islamgesetzes muss die Finanzierung muslimischer Geistlicher aus dem Inland erfolgen.
Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sagte der Zeitung, mit einer Moschee-Steuer ließe sich die Gefahr des Einflusses von außen und einer möglichen Radikalisierung verringern. „Bis zu einem fertigen Konzept dürfte es aber noch ein weiter Weg sein, den wir nur mit den Ländern gemeinsam gehen können, denn Kirchensteuern sind Ländersache.“
Offene Fragen
Kerber betonte, Voraussetzung wäre zunächst, dass die Moscheen in Deutschland die Anforderungen des Religionsverfassungsrechts an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erfüllen müssten. Damit verbunden ist das Recht des Steuereinzugs bei Mitgliedern. „Die Debatten über solche wichtigen Fragen wollen wir im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz ermöglichen und begleiten, aber nicht die Ergebnisse vorgeben“ kündigte Kerber an.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt begrüßte die Debatte. „Es wäre klug und höchste Zeit, dass wir für die muslimischen Gemeinden in Deutschland unabhängige Finanzierungsquellen finden und damit den schädlichen Einfluss durch politische gesteuerte Gelder und radikale Prediger aus der Türkei oder den Golfstaaten endlich unterbinden“, erklärte sie in Berlin. Stünden die Moscheen und muslimische Einrichtungen finanziell auf eigenen Füßen, könnten sie sich „endlich unabhängig den komplexen Herausforderungen der Integrations- und Gemeindearbeit widmen“.
Die Unabhängigkeit des in Deutschland tätigen Moschee-Verbands Ditib wird immer wieder infrage gestellt. Formal ist die Türkisch-Islamische Union (Ditib) ein unabhängiger deutscher Verein, doch werden die Imame in den Ditib-Moscheen von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt und bezahlt. Kritiker werfen Ditib vor, der verlängerte Arm des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu sein.
Die Gründerin der liberalen Moschee in Berlin, Seyran Ates, sagte der „Welt“, mit einer Moschee-Steuer könnten Muslime die Finanzierung ihrer Gemeinden verstärkt selbst organisieren. „Alles, was die Gemeinden brauchen, kann in Zukunft von den Mitgliedern selbst aufgebracht werden.“ Ates ist Initiatorin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee im Stadtteil Moabit, die für einen liberalen Islam steht und für eine geschlechtergerechte Auslegung des Korans eintritt.