In weniger als zwei Wochen stellte sich dreimal die Frage, warum Polizei und Staatsanwälte nicht härter gegen Hassprediger und Gewalttäter durchgreifen, kritisiert Gunnar Schupelius.
Warum wurde der Mann aus Syrien, der mit einem Kampfmesser in eine Synagoge eindringen wollte, gleich wieder auf freien Fuß gesetzt? Warum durfte ein gefährlicher Rechtsextremist zwei Tage lang in Kreuzberg und Friedrichshain demonstrieren, ohne dass die Behörden versuchten, den Auftritt zu verhindern?
Warum wurden zwei Palästinenser, die am Brandenburger Tor die Bombardierung der Stadt Tel Aviv herbeisingen wollten, erst nach öffentlichen Protesten gestoppt? Dreimal in weniger als zwei Wochen haben sich unsere Sicherheitsbehörden unachtsam oder zumindest sehr nachlässig gezeigt. Das ist schwer zu verstehen.
Als Mohamad M. (23) aus Damaskus am Freitag Abend über den Zaun zur Synagoge in der Oranienburger Straße kletterte, rief er laut Zeugenaussagen: „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) und „Fuck Israel“. Er richtete ein Kampfmesser (20 Zentimeter-Klinge) gegen die Polizisten.
Die Polizei konnte Mohamad M. überwältigen, aber dem Staatsanwalt kam es nicht in den Sinn, eine Inhaftierung des Täters zu beantragen. Also spazierte er aus der Wache. Auf Nachfrage der B.Z. gab es dafür diese Begründung: Der Syrer habe niemanden verletzen, sondern die Polizisten nur bedrohen wollen.
Was sollen wir damit anfangen? Warum wollte er mit dem Messer in die Synagoge eindringen? Nur um zu bedrohen? Freitag und Sonnabend meldete der Rechtsextremist Heinz Meyer aus München eine Demonstration im Görlitzer Park und in der Rigaer Straße an. Fünf Leute versammelten sich. Bis zu 280 Polizisten waren 36 Stunden lang im Einsatz, um sie schützen.
Meyer ist wegen Sprengstoffbesitzes, Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz vorbestraft. Er wird als einer von 39 rechtsextremen „Gefährdern“ in Deutschland eingestuft. Die Hamburger Polizei untersagte Meyer einen Auftritt in der Hansestadt und siegte vor Gericht. Die Berliner Behörden ließen ihn gewähren. Warum?
Das Rapper-Duo Shadi Al-Bourini und Shadi Al-Najjar aus der Westbank singt Hass-Lieder mit Texten über Israel („Wir wollen Tel Aviv niederbrennen“) oder die Juden („Ich will Euch unter meinen Füßen zertrampeln“). Sie wollten am 25. September vor dem Brandenburger Tor auftreten. Erst nach heftigen öffentlichen Protesten wurde ihr Gesang wegen Volksverhetzung verboten. Warum nicht gleich?
Unser Staat hat alle Mittel in der Hand, um Hassprediger und Gewalttäter in Schach zu halten. Aber er wendet sie nicht konsequent an. Die Behörden hatten offenbar weder Heinz Meyer noch Shadi Al-Bourini und Shadi Al-Najjarim im Visier. Mohamad M. läuft frei herum. Warten wir, bis er sich ein neues Messer kauft?
Warum keine härtere Hand? Warum keine Null-Toleranz? Es ist doch schon gefährlich genug! Das hat der Mord an den Polizisten in Paris gerade wieder gezeigt.