Berlin (dpa) – Der frühere SED-Chef Egon Krenz hat die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gelobt, 2015 die Grenzen für Flüchtlinge nicht zu schließen. «Die Entscheidung, die sie im Zusammenhang mit den Flüchtlingen getroffen hat, hätte ich genauso getroffen. Das ist eine humanistische Frage», sagte Krenz in einem Interview der «Berliner Zeitung» (Freitag).
Zu den Wahlerfolgen der AfD im Osten meinte der frühere DDR-Politfunktionär, dies liege am Versagen aller demokratischen Parteien im Bundestag. Dennoch: «Es gibt keine Kränkung der Ostdeutschen, die groß genug wäre, um AfD zu wählen.»
Zur Öffnung der Grenzen am 9. November 1989 meinte Krenz, der damals an der Spitze der DDR stand, für die Mehrheit der Menschen in Ost und West sei das ein Volksfest gewesen. Für ihn aber sei es die schwerste Nacht seines Lebens gewesen, da er die «Gesamtverantwortung» getragen habe. Durch das besonnene Agieren der DDR-Grenzsoldaten sei es zu keiner Eskalation mit unübersehbaren Folgen gekommen.
Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) habe sich bei ihm in einem Telefonat am 11. November 1989 für die Öffnung der Grenzen bedankt, so Krenz. Ihm sei damals nicht klar gewesen, dass der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow «hinter unserem Rücken bereits mit dem Westen über uns verhandelte».
Das größte Glück der Einheit sei für ihn, dass die Deutschen nicht mehr Angst haben müssten, gegeneinander Krieg führen zu müssen, so der frühere DDR-Spitzenfunktionär. Diese Gefahr habe in der Zeit des Kalten Krieges bestanden.