Grenzen auf, alle rein – das war einst die ganz linke Position. Jetzt ist es Politik der Bundesregierung. Nicht auszuschließen, dass sich die zuwandernden Muslime politisch organisieren werden.
Manchmal sind es kleine Momente, die einem schlagartig klarmachen, was los ist. Vorgestern stand ich vor Berlins Erstaufnahme für Flüchtlinge, die völlig überlaufen ist und in der es chaotisch zugeht. Plötzlich Blaulicht, Parolen.
Polizei eskortiert eine Demonstration. Fahnen der „Antifa“, der Linkspartei-Jugend. Nur wenige waren es, sie riefen: „Refugees are welcome here!“ Als ein saftiger Angriff auf die deutsche Asylpolitik aus dem Lautsprecher dröhnte, konnte ich nicht mehr an mich halten. Ich musste laut lachen.
Bis vor wenigen Monaten sah die Skala deutscher Haltungen zum Asyl so aus: Ganz rechts: Grenzen zu, keiner rein. Ganz links: Grenzen auf, alle rein. Die politische Mitte verwies auf das geltende Recht. Einen Sommer später ist die ganz linke Position die Politik der Bundesregierung. Grenzen auf, alle rein. Was die Berliner Autonomen da skandierten, war darum so lächerlich, weil sie weit offene Türen einrannten. Vielleicht liefen darum so extrem wenige noch mit.
Frau Merkel sagte bei Anne Will, es sei anders nicht machbar. Deutschland habe 3000 Kilometer Landgrenzen – man könne nicht einen 3000 Kilometer langen Zaun bauen. Letzteres stimmt. Aber endet am Zaunargument alle Politik? Ist es in Zeiten einer Völkerwanderung (ja, dieser Begriff ist inzwischen berechtigt) das Schicksal der Staaten, achselzuckend ins politische Koma zu fallen? Denke ich weiter, sehe ich zwei Szenarien.
A: In Syrien wird eine Friedenslösung erreicht. Viele Syrer, die bei uns Asyl fanden, kehren zurück in ihre Geschäfte, ihre Häuser, ihre Heimat. Diese Leute nehmen eine große Dankbarkeit gegen Deutschland mit heim. Unser Land erfreut sich eines exzellenten Rufes in der Region und profitiert davon, politisch und ökonomisch.
B: Es bleibt, wie es ist, der Orient versinkt im Chaos. Die meisten Flüchtlinge bleiben, weitere kommen. Ein Teil integriert sich, ein anderer, eher größerer Teil nicht. Enttäuschung ist unvermeidlich. Eine islamische Partei entsteht.
Erst wird sie geschnitten, dann gibt es Koalitionen auf Kommunalebene, dann eine erste rot-grün-prophetengrüne Landesregierung. Natürlich ist die neue Partei in Rundfunk- und Aufsichtsräten, Lehrerkollegien und so fort zu repräsentieren. Hier breche ich ab. Wer weiterlesen will, soll Michel Houllebecqs neuen Roman lesen