Erst wurde gebaut, dann blieben die Flüchtlinge aus. In fast allen Bundesländern stehen Unterkünfte für Geflüchtete leer. Nicht alle werden sofort umgenutzt.
Der Strafprozess vor dem Oberlandesgericht Dresden gegen die Terrorgruppe Freital findet in einem als Flüchtlingsunterkunft errichteten Gebäude statt. Die nie genutzte Erstaufnahmeeinrichtung wurde für 5,5 Millionen Euro zum Hochsicherheitstrakt umgebaut, um in dem ursprünglich als Speisesaal vorgesehenen Raum gegen die acht Angeklagten verhandeln zu können. Denn gebraucht wurde er nie als Unterkunft für Geflüchtete.
Einige andere Erstaufnahmeeinrichtungen in Deutschland stehen leer, manche schon seit 2016. Das kostet pro Monat Hunderttausende, wie eine Umfrage des Focus ergab. Demnach ist in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen jeweils mindestens eine Erstaufnahmeeinrichtung nicht belegt.
Die Unterkünfte sind stattdessen im Bereitschaftsbetrieb und könnten im Falle eines Anstiegs der Flüchtlingszahlen schnell wieder belegt werden.
- In Schleswig-Holstein etwa werden dem Bericht zufolge zwei Liegenschaften mit einer Kapazität von bis zu 2.500 Plätzen bereitgehalten. Dafür fallen laut Focus monatlich 692.000 Euro an Kosten an. Die Summe setzt sich unter anderem aus Bewirtschaftungs- und Wachdienstkosten zusammen. 2016 fielen allein Bewirtschaftungskosten für die beiden Liegenschaften in Höhe von 4,17 Millionen Euro an.
- In Hamburg ergeben sich demnach monatliche Mietkosten von 185.000 Euro für die derzeit sieben nicht belegten Erstaufnahmeeinrichtungen.
- Für eine leerstehende Wohnaußenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Mecklenburg-Vorpommern fallen monatliche Gesamtkosten in Höhe von rund 112.000 Euro an.
- In Baden-Württemberg werden derzeit eine Erstaufnahmeeinrichtung und drei Außenstellen im Stand-by-Betrieb geführt, in denen bei Regelbelegung 1.600 Unterkunftsplätze zur Verfügung stünden. Die Kosten hierfür beliefen sich 2016 auf insgesamt 1,7 Millionen Euro.
- In Sachsen fielen im vergangenen Jahr sogar Kosten von 5,88 Millionen Euro für damals fünf leerstehende Unterkünfte im Stand-by-Modus an. Derzeit gibt es im Freistaat noch vier solcher Einrichtungen.
- Im Saarland sind 400 Plätze nicht belegt, für die 5.800 Euro Mietkosten pro Monat entstehen.
Lediglich in Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt stehen dem Bericht zufolge keine Unterkünfte leer. Bayern, Hessen, Niedersachsen und Berlin gaben keine Auskunft zu den Kosten.
Zur Zeit kommen weitaus weniger Flüchtlinge nach Deutschland als etwa noch 2015. Damals waren es knapp 900.000. Im Juli diesen Jahres registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gut 15.000 Neuankommende.