Ein nach Afghanistan abgeschobener Flüchtling muss nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen unverzüglich nach Deutschland zurückgebracht werden.
Eine entsprechende Aufforderung sei an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ergangen, sagte ein Justizsprecher in Sigmaringen am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte unter anderem das „Schwäbische Tagblatt“ über den Fall berichtet.
Der Flüchtling war über Bulgarien nach Tübingen gekommen und hatte am 8. Juni Asyl beantragt. Aus Sicht des BAMF ist das EU-Land Bulgarien und nicht Deutschland für den Mann zuständig. Der 23-Jährige wurde deshalb im September dorthin abgeschoben.
Das sei falsch gewesen und müsse rückgängig gemacht werden, sagte der Gerichtssprecher. Eine in Sigmaringen anhängige Klage des Mannes gegen seine Abschiebung habe aufschiebende Wirkung – er hätte also nicht abgeschoben werden dürfen. Stattdessen müsse zuerst die Klage des Mannes final geprüft werden, bevor eine Entscheidung zu seiner Abschiebung gefällt wird.
Bevor der Flüchtling im Oktober aus Bulgarien zurückgeholt werden konnte, flogen ihn die dortigen Behörden allerdings nach Afghanistan aus. „Ob er freiwillig nach Kabul reiste oder nicht, ist durchaus offen“, sagte der Gerichtssprecher. Es gehe jetzt darum, dass das Bundesamt den Mann zurückhole.
Ablehnte Asylbewerber am Dienstag abgeschoben
Erst am Dienstagabend hatte Deutschland eine weitere Gruppe von Afghanen in ihre Heimat abgeschoben. Mit einem aus Leipzig-Halle kommenden Flugzeug trafen am Mittwochmorgen 14 abgelehnte Asylbewerber in Kabul ein, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bestätigte. Mit insgesamt sieben Sammelabschiebungen seit Dezember 2016 ließ Deutschland damit bislang 128 Männer nach Afghanistan zurückfliegen.
Beim aktuellen Flug wurden die Männer laut Innenressort aus Sachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz heimgeschickt. Elf von ihnen waren demnach Straftäter. Sie hätten unter anderem Totschlag begangen, sexuellen Missbrauch von Kindern, Diebstahl, gefährliche Körperverletzung, Urkundenfälschung und Betrug. Drei weiteren Abgeschobenen wird vorgeworfen, sie hätten „hartnäckig die Mitwirkung an ihrer Identitätsfeststellung verweigert“.
Nach einem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai mit rund 150 Toten hatten Bund und Länder Abschiebungen nach Afghanistan auf drei Gruppen beschränkt: Straftäter, Gefährder – also Menschen, denen die Polizei einen Terrorakt zutraut -, und eben jene, die sich bei der Identitätsfeststellung querstellen. Wie genau letzteres ausgelegt würde, war bislang jedoch unklar.