Das Heidelberger Landgericht verurteilte den Täter zu über vier Jahren Haft – Die Staatsanwalt forderte mehr als sechs Jahre wegen versuchten Totschlags
eidelberg/Wiesloch. Ein Asylsuchender aus Algerien ist zu vier Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Das Heidelberger Landgericht befand den 26-Jährigen der gefährlichen und vorsätzlichen Körperverletzung für schuldig.
Der Angeklagte hatte einen Afghanen mit einem Teppichmesser schwer verletzt. Dieses sei „scharf wie ein Skalpell“, sagte der Vorsitzende Richter Edgar Gramlich. Das Opfer erlitt eine 25 Zentimeter lange und drei Zentimeter tiefe Schnittwunde von der Schläfe bis zum Hals. Der Mann hatte unglaubliches Glück, dass nicht die Halsschlagader geöffnet wurde. Das hätte dessen Tod bedeutet, sagte Gramlich.
Der Angeklagte habe aus „nichtigem Anlass“ zugestochen und „seinen Zorn abreagieren wollen.“ Zunächst war er mit einem anderen Afghanen aneinandergeraten. Dieser hatte sich geärgert, dass der Algerier zu nah an ihm vorbeigeradelt sei. Als er ihn deshalb zur Rede stellte, schlug der Angeklagte mit einer Halskette auf ihn ein. Kurz darauf bekam der 26-jährige Streit mit einem befreundeten Landsmann des Afghanen.
Der Algerier habe „die Auseinandersetzung gesucht“, ist Richter Gramlich überzeugt. Ein Sicherheitsmann konnte die beiden zunächst trennen. Doch plötzlich zog der Angeklagte das Messer und verpasste dem Kontrahenten einen Schnitt über eine Gesichtshälfte bis zum Hals. Dann radelte er davon und setzte sich nach Frankreich ab. Dort wurde er Wochen später verhaftet. Die Bluttat ereignete sich am 3. Juli 2016 in einer Gemeinschaftsunterkunft in Wiesloch, wo der Angeklagte Freunde besuchen wollte. Er sei dort von mehreren Personen angegriffen worden und habe sich gewehrt, behauptete er. Das hat ihm das Gericht jedoch nicht abgenommen.
Staatsanwalt Thomas Bischoff beantragte eine Strafe von sechs Jahren und drei Monaten. Das Opfer sei „dem Tod von der Schippe gesprungen“. Den Messerangriff wertete Bischoff als versuchten Totschlag.
Dem ist die Strafkammer nach längerer Beratung wegen „schwieriger Rechtsfragen“ nicht gefolgt. Zwar habe der Angeklagte zunächst mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, sei dann aber von seinem Vorhaben „zurückgetreten“. So habe er nicht noch mal zugestochen, obwohl er das hätte tun können.
Das Messer durchtrennte den Kaumuskel des Afghanen, der deshalb bis heute Schmerzen beim Essen hat. Dank ärztlicher Kunst seien keine entstellenden Narben zurückgeblieben, sagte Richter Gramlich.
Verteidiger Matthias Diefenbacher beantragte für seinen Mandanten eine bewährungsfähige Strafe wegen gefährlicher sowie einfacher Körperverletzung. Einen Tötungsvorsatz sieht er nicht. „Ich habe so was nie beabsichtigt“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort. Der Algerier ist in Deutschland geduldet. Nach der Verbüßung seiner Haftstrafe droht ihm deshalb die Abschiebung in seine nordafrikanische Heimat.