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Jul 01

Integrationsbeauftragte: Wir brauchen mehr Zuwanderung

Die Integrationsbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt, Susi Möbbeck, hat am Donnerstag den aktuellen Integrationsbericht vorgestellt. Bildrechte: dpa

In Sachsen-Anhalt leben auch nach der Zuwanderungswelle der vergangenen Jahre vergleichsweise wenig Menschen mit Migrationshintergrund. Aus Sicht der Integrationsbeauftragten könnten es mehr sein – etwa für den Arbeitsmarkt oder im Kampf gegen den demografischen Wandel. Den Vorschlag des Bundesinnenministers, landesweit Ankerzentren einzuführen, in denen Geflüchtete während des kompletten Asylverfahrens bleiben sollen, sieht Möbbeck hingegen kritisch.

Die Integrationsbeauftragte der Landesregierung, Susi Möbbeck (SPD), hat am Donnerstag den Integrationsbericht für die Jahre 2011 bis 2016 vorgestellt. Möbbeck sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die aktuelle Hektik bei der Flüchtlingsthematik sei überzogen. Deutschlandweit hätten 22 Prozent aller Menschen Migrationshintergrund, in Sachsen-Anhalt seien es nur vier Prozent. Sachsen-Anhalt sei damit eher ein migrationsarmes Land.

Daher sollte Sachsen-Anhalt aus ihrer Sicht noch offensiver zum Zuwanderungsland werden. „Wir brauchen mehr Zuwanderung, um die demografischen Probleme in den Griff zu bekommen. Wir stellen fest, dass wir gerade in den letzten Jahren erheblich Zuwanderer aus EU-Mitgliedsstaaten hinzubekommen haben, die auf unserem Arbeitsmarkt Fuß fassen konnten“, so Möbbeck bei der Vorstellung des Integrationsberichts des Landes.

Möbbeck: Jetzt Integration angehen

In einer Volkshochschule ikorrigieren Teilnehmer aus Tunesien, Tansania, Eritrea und Marokko beim Deutsch-Unterricht im Integrationskurs Texte an der Tafel.
Integration braucht Zeit. Bildrechte: dpa

Was ganz wichtig sei, dass Sachsen-Anhalt aus der Phase 2015/2016 raus sei, in der eine große Zahl von Schutzsuchenden aufgenommen, untergebracht und erstversorgt werden musste, erklärte Möbbeck im MDR-Interview. Die Zahl der Neuankommenden sei stark rückläufig: „Wir können uns deswegen mehr auf Aufgaben konzentrieren, die längere Zeit dauern.“ Das seien Aufgaben der Integration, der gesellschaftlichen Teilhabe und des Zusammenlebens im Land.

„Bei allen Baustellen, die es gibt, ist die allerwichtigste, dass sie am Ende ihren Lebensunterhalt selber verdienen und dann auch der Gesellschaft etwas zurückgeben können“, sagte Möbbeck weiter. „Unsere Unternehmen suchen händeringend Auszubildende, junge Leute, die etwas wollen, hochmotiviert sind und die bereit sind, ihre Fähigkeiten einzubringen. Die haben hier alle Chancen.“ Vorurteilen will Möbbeck mit Zahlen begegnen. Damit könne man auch zeigen, dass die Bilder, die zum Teil in der Öffentlichkeit kursierten, korrigiert werden könnten.

Susi Möbbeck
Susi Möbbeck, Integrationsbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt Bildrechte: IMAGO

Das Wichtige ist, zu sehen, dass es keinesfalls das Motiv der jungen Leute, die hierherkommen, ist, den Rest des Lebens die Sozialhilfe zu nutzen. Sondern sie kommen aus bedrohlichen Lebenssituationen und wollen möglichst schnell auf eigenen Füßen stehen. Viele haben noch ihre Familien in den Ländern.

Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT wies Möbbeck die Forderung nach bunndesweiten Ankerzentren durch den Bundesinnenminister Horst Seehofer zurück. Es sei ihr völlig unklar, worin der Mehrwert eines Ankerzentrums gegenüber der Erstaufnahme in Halberstadt bestehen solle: „In Halberstadt kommen alle Geflüchteten an, werden identifiziert und gehen die ersten Schritte im Asylverfahren bis zur Agentur für Arbeit vor Ort.“ Es müsse erstmal geklärt werden, worin der zusätzliche Nutzen und was die Ziele eines zusätzlichen Zentrums in Sachsen-Anhalt seien. Sie sei mit ihrer Meinung bei Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), der sage, eigentlich habe das Land so etwas in Halberstadt schon weitgehend.

Migranten sehen Kampf gegen Diskriminierung als Hauptaufgabe

Mamad Mohamad vom Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) sagte MDR SACHSEN-ANHALT: „Die größte Baustelle ist das Thema Alltagsrassismus und Diskriminierung. Denn es hat sich in der Gesellschaft enorm eingeschliffen, dass man alles sagen kann und darf, ohne Konsequenzen zu haben.“ Menschen fühlten sich diskriminiert, wenn Leute keine Wohnung, keinen Arbeitsplatz bekämen, wenn sie schief angeguckt würden. Das werde die nächste Herausforderung sein.

Von einem Ankerzentrum in Sachsen-Anhalt hält auch das LAMSA nicht viel. „Weil die Botschaft, die an die Menschen geht, ist, dass sie eigentlich keine Chance haben, in der Gesellschaft anzukommen“, so Mohammad. Das sei das Fatale. Ankerzentren würden Probleme schaffen, weil die Menschen da bleiben müssten, aber keine Möglichkeiten hätten, Angebote wahrzunehmen. Es sei Abschottung, das mache dem LAMSA Sorgen. Man brauche Einwanderung, nicht Abschottung.

Bundesinnenminister Seehofer (CSU) möchte solche Ankerzentren als Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in ganz Deutschland. Geflüchtete sollen während des kompletten Asylverfahrens in diesen Zentren verbleiben: von der Ankunft über die Entscheidung bis zur möglichen Rückführung.

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