Die Häftlinge randalieren und schlagen Wärter: Das Gewaltpotential der Insassen im Abschiebegefängnis in Büren ist laut dem Anstaltsleiter gestiegen. Um nicht abgeschoben zu werden, soll ein Häftling sogar Besteck geschluckt haben.
In Deutschlands größtem Abschiebegefängnis, der Haftanstalt in Büren bei Paderborn, eskaliert die Lage fast täglich. Das geht aus internen Berichten hervor, die dem „Spiegel“ vorliegen. Demnach komme es häufig vor, dass Häftlinge randalieren und das Personal angreifen.
Manche Insassen seien so aggressiv, dass sie in besonders gesicherte Hafträume verlegt und dort über Nacht gefesselt werden. In einem Bericht über einen Ägypter heißt es: „Der Untergebrachte zerstörte den Fernseher, bewaffnete sich mit Scherben und drohte wiederholt damit, Kollegen umbringen zu wollen“.
Ein anderer Insasse soll einem Bediensteten mit einem Faustschlag den Kiefer gebrochen haben. In den Dokumenten ist auch von „ernst zu nehmenden Suizidabsichten“ unter den Häftlingen die Rede. Über einen Marokkaner wird berichtet: „Durch das Beobachtungsfenster des Haftraums konnte festgestellt werden, dass der Untergebrachte seinen gesamten Oberkörper mit Schnittverletzungen unter Zuhilfenahme einer Rasierklinge übersät hatte.“
Besteck geschluckt, um Abschiebung zu verhindern
Ein anderer Häftling soll Besteck verschluckt haben, um so seine Abschiebung zu verhindern. Rund 140 Flüchtlinge sind im Abschiebegefängnis in Büren untergebracht. Sie sind nicht wegen Straftaten in Haft, sondern weil sie in Deutschland kein Bleiberecht haben. Das heißt aber nicht, dass sie keine kriminelle Vorgeschichte haben.
In Büren warten sie auf ihren Abschiebeflug. Der Anstaltsleiter Nicolas Rinösl sagt, das Gewaltpotenzial unter den Häftlingen sei zuletzt gestiegen. „Mehr als die Hälfte der Insassen hat eine strafrechtliche Vorgeschichte.“
In den vergangenen Wochen konnten fünf Insassen aus der Abschiebehaft entkommen. Einer wurde bei der Flucht geschnappt, nach den anderen wird gefahndet. Die nordrheinwestfälische Landesregierung hat kürzlich beschlossen, das Gesetz zur Abschiebehaft zu verschärfen. Demnach soll es dem Personal in Büren künftig möglich sein, gefährliche Häftlinge härter zu bestrafen.
Künftig kann es bei gefährlichen Personen Einschränkungen etwa bei den Besuchen oder bei der Nutzung von Mobiltelefonen und Internet geben. Wenn ein Abschiebehäftling wiederholt gegen Anweisungen des Personals, Vorschriften oder die Hausordnung verstößt, muss er mit Sanktionen rechnen.
Auch die Kommunikationswege mit Behörden sollen verbessert werden. So soll die Haftanstalt besser informiert werden, wie gefährlich Abschiebehäftlinge sind und ob sie Vorstrafen haben. Die Polizei soll von Entlassungen Kenntnis bekommen.