Fünf Monate nach der Vergewaltigung einer 90 Jahre alten Frau in Düsseldorf hat ein junger Mann die Tat gestanden. Vor dem Landgericht schilderte er das Martyrium seines Opfers. Trotz seiner 19 Jahre hat er bereits ein erschreckendes Vorleben.
Düsseldorf. Er wirkt schüchtern, jungenhaft, hat den Blick gesenkt, spricht leise und freundlich, als könnte er kein Wässerchen trüben. Zum Kurzhaarschnitt trägt er ein blaues Oberhemd. Er ist erst 19 Jahre alt. Man traut ihm nicht zu, jener Sexualverbrecher zu sein, der am 2. Oktober vergangenen Jahres in der Düsseldorfer Altstadt über eine 90 Jahre alte Kirchgängerin hergefallen ist und sich brutal an ihr vergangen hat. Doch der junge Angeklagte gesteht die Tat rasch und umfassend, bestreitet kein noch so übles Detail.
„Als ich zu Hause war, konnte ich gar nicht glauben, was passiert war“, sagte der Angeklagte. Vor der Tat habe er Alkohol, Kokain und Ketamin konsumiert. Probleme mit seinen Aggressionen gab es schon in Spanien, sagt er, aber seine Sexualität sei „ganz normal“.
Er würgt sie – dann vergewaltigt er sie
Die alte Dame hatte gerade noch in der Kirche eine Kerze für ihre Familie angezündet, als sie völlig unvermittelt an jenem Sonntagmorgen von dem jungen Mann angegriffen wird, der sie in einen schmalen Hausdurchgang zerrt.
Er würgt die Frau und droht ihr: „Still, sonst tot“. Für die Frau beginnt ein Martyrium. Als der Vergewaltiger von der Frau ablässt, ist ihr Körper von Blutergüssen und Schürfwunden übersät, sie hat Unterleibsverletzungen. Dann durchwühlt der Peiniger ihre Handtasche, schreibt sich ihre Adresse von ihrem Personalausweis ab und nimmt ihren Haustürschlüssel an sich. Sein Opfer muss in einem Krankenhaus behandelt werden.
In Spanien drohte ihm Gefängnis
Auf der Anklagebank berichtet Souhayl M. von seinem von Straftaten geprägten Leben: Geboren in Marokko, aufgewachsen in Spanien habe er mit 15 die Schule abgebrochen, als jüngstes Mitglied einer lokalen Gruppierung der berüchtigten „Latin Kings“ angehört, einer internationalen Drogendealer-Bande, auf deren Konto reihenweise Morde gehen.
Er ist Kickboxer, oft in Schlägereien verwickelt, stiehlt, wird wegen Drogendelikten verurteilt. Die Richter in Spanien schicken ihn zum Psychologen, verhängen Sozialstunden, Bewährungsstrafen, er wird mehrfach festgenommen. Nach Deutschland sei er 2016 gekommen, weil ihm in Spanien Gefängnis gedroht habe, sagt er.
Ob es in seinem Vorleben schon einmal etwas mit Sex und Gewalt gegeben habe, will die Vorsitzende Richterin wissen. Der Angeklagte verneint. Doch die Richterin interessiert sich für eine der Vorstrafen besonders, liest aus dem Urteil eines spanischen Gerichts wegen sexueller Nötigung vor: Es ist die Schilderung einer versuchten Vergewaltigung, die anscheinend nur am Widerstand des Opfers scheiterte. „Sie haben dort einer fremden Frau an deren Haustür aufgelauert, sich auf sie gestürzt?“ „Ich sehe das nicht so, wie das da steht“, sagt der Angeklagte schließlich.
DNA-Spur brachte Ermittler auf seine Spur
Der psychiatrische Sachverständige hört sehr aufmerksam zu. Hat es das Gericht mit einem gefährlichen Serientäter zu tun? Das Verbrechen in Düsseldorf hatte für großes Entsetzen in der Bevölkerung gesorgt. Eine DNA-Spur brachte die Ermittler auf die Spur des Verdächtigen, der bereits wegen Raubes in Untersuchungshaft gesessen hatte. Der Wohnsitzlose ist auch angeklagt, in einer Altstadt-Disco einem anderen Opfer Geld aus der Handtasche gestohlen zu haben. Der Türsteher soll ihn mit Dokumenten des Opfers in der Hand auf der Toilette überrascht haben. Doch diese Tat bestreitet der Angeklagte.
Das Gericht prüft nun, ob man der inzwischen 91 Jahre alten Frau angesichts des Geständnisses die Aussage vor Gericht ersparen kann. Der Prozess wird am 27. März fortgesetzt.