52 Prozent der Befragten einer Studie geben an, dass es zu viel Immigration gibt. Knapp die Hälfte meint, Deutschland könne keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen. In manchen Fragen sieht die Mehrheit aber auch positive Aspekte.
In der Bevölkerung ist Skepsis gegenüber Zuwanderung einer Studie zufolge weit verbreitet, hat aber abgenommen. Rund 52 Prozent finden, es gebe zu viel Einwanderung, wie eine am Donnerstag in Gütersloh veröffentlichte repräsentative Befragung von KantarEmnid im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung ergab. Und 49 Prozent meinen, Deutschland könne keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen, da die Belastungsgrenze erreicht sei – 2017 hatten das 54 Prozent gesagt. Unverändert 37 Prozent stimmen dagegen der Aussage zu, Deutschland könne und solle mehr Flüchtlinge aufnehmen, weil es humanitär geboten sei. Ostdeutschland blickt skeptischer auf Einwanderung als der Westen.
Nach den Turbulenzen infolge der hohen Zuwanderung von 2015 sehe eine große Mehrheit auch verstärkt deren Vorteile, etwa für die Wirtschaft, heißt es in der Untersuchung. Negative Einschätzungen seien zwar ausgeprägt, schwächten sich im Vergleich zur vorherigen „Willkommenskultur“-Untersuchung von 2017 aber ab. Weitere Erkenntnis: Je jünger die Menschen und je höher die Bildungsabschlüsse, desto aufgeschlossener stehen sie Migration gegenüber.
Im Einzelnen zeigt sich bei den kritischen Tönen: 71 Prozent der Befragten glauben, dass Zuwanderung den Sozialstaat zusätzlich belastet – rund 83 Prozent im Osten und 68 Prozent im Westen gaben das an. Gut zwei Drittel befürchten Konflikte zwischen Eingewanderten und Einheimischen. Eine Mehrheit (63 Prozent) meint, dass zu viele Migranten die deutschen Wertvorstellungen nicht übernehmen. Und etwa ebenso viele (64 Prozent) befürchten als Folge von Zuwanderung Probleme an den Schulen und Wohnungsnot in Ballungsräumen (60 Prozent).
„Deutschland hat den Stresstest der Fluchtzuwanderung ab 2015 gut gemeistert“
Zugleich stimmen 65 Prozent der Aussage zu, dass Einwanderung positive Effekte auf die Wirtschaft hat – wobei im Westen 67 Prozent dieser Ansicht sind, im Osten nur 55 Prozent. Ebenfalls zwei Drittel der Befragten meinen, Migration mache das Leben interessanter und sei gut gegen die Überalterung der Gesellschaft. Und für 41 Prozent stellt der Zuzug von Ausländern eine Strategie gegen den Fachkräftemangel dar.
Für die Studie „Willkommenskultur zwischen Skepsis und Pragmatik“ wurden im April 2019 mehr als 2000 Personen ab 14 Jahren gefragt, ob sie verschiedenen Aussagen zustimmen oder nicht. Der Aussage „Insgesamt findet zu viel Einwanderung statt“ stimmten 52 Prozent zu, 43 Prozent lehnten sie ab.
Die Studienautoren machen eine zwiespältige Haltung aus – mit einem skeptischen wie auch pragmatischen Blick. Aufnahmebereitschaft und Willkommenskultur hätten nach dem starken Zuzug von Flüchtlingen zwar zunächst gelitten. Aktuell stehe die Bevölkerung der Migration aber wieder mehrheitlich positiv gegenüber. „Deutschland hat den Stresstest der Fluchtzuwanderung ab 2015 gut gemeistert und stabilisiert sich als pragmatisches Einwanderungsland“, meinte Stiftungs-Vorstand Jörg Dräger.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sieht die Integrationspolitik durch die Studie bestätigt. „Die Richtung stimmt und macht Mut“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Einwanderung wird immer stärker als Chance gesehen – vor allem bei jungen Menschen. Das überrascht nicht, denn in der Schule oder am Ausbildungsplatz ist Vielfalt längst Normalität.“