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Jan 25

Polizei verbietet Israel-Flagge bei Demo – nun wird sie verklagt

Kundgebungen in Göttingen am 23. Dezember 2017: Während eine proisraelische Demonstration am Albaniplatz stattfindet, versammelt sich ein Bündnis zur „Mahnwache für Palästina“ auf dem Bahnhofsvorplatz. Quelle: Arne Bänsch

Ein Göttinger Rechtsanwalt klagt gegen die Polizeidirektion Göttingen. Der Vorwurf: Die Polizei habe ihm in rechtswidriger Weise verboten, auf einer Demonstration eine Israel-Flagge zu zeigen.

Göttingen. Das Flagge-Zeigen geschah am 23. Dezember 2017. Für diesen Tag hatten unterschiedliche Gruppen eine pro-israelische und eine anti-israelische Kundgebung angemeldet. Anlass war die damalige Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen.

Zu der Solidaritätskundgebung mit Israel hatte Jachad, das Göttinger Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus, aufgerufen. „Wir wollen nicht tatenlos dabei zusehen, wie Israel öffentlich dämonisiert und jüdisches Leben in Deutschland durch offenen Hass verunmöglicht wird“, begründete das Bündnis seinen Aufruf. Grund dafür war der Aufruf von Mitgliedern der palästinensischen Gemeinde in Göttingen zu einer anti-israelischen Kundgebung als Reaktion auf die Trump-Entscheidung.

Mit Israel-Flagge

Am 23. Dezember 2017 demonstrierten in Göttingen beide Lager, allerdings an verschiedenen Orten. Unter den etwa 50 Pro-Israel-Demonstranten: der Göttinger Rechtsanwalt Patrick Riebe. Er führte die israelische Nationalflagge mit sich. Diese Demo endete offiziell am Albaniplatz.

Dann rief Riebe die übrigen Teilnehmer dazu auf, mit ihm in Richtung Innenstadt zu ziehen, um dort – im Wortsinne – für Israel und gegen Antisemitismus „Flagge zu zeigen“, heißt es in der Klageschrift. 15 bis 20 Teilnehmer der Pro-Israel-Demo zogen los, um über die Friedrichstraße, Wilhelmsplatz und Barfüßerstraße zur Weender Straße zu gehen.

Ein Trupp der Bereitschaftspolizei versperrte der Gruppe am Modegeschäft Fleischmann den Weg. Die Polizei erklärte laut Klageschrift, es handele sich nicht mehr um eine Versammlung, die vom Versammlungsrecht gedeckt sei, da sie bereits am Albaniplatz beendet worden sei.

Spontan-Demo

Riebe entgegnete, dass es sich um eine zweite Versammlung nach einem Spontanentschluss handele. Dafür sei keine Erlaubnis notwendig. Außerdem sei die Gruppe überschaubar klein und behindere den Verkehr nicht.

Die Polizei hingegen erklärte laut Klageschrift, das Weitergehen bleibe untersagt, „solange dabei eine oder mehrere Israel-Flaggen offen sichtbar mitgeführt würden“. „Wenn eine Israel-Fahne gezeigt würde, handele es sich nicht mehr um eine zulässige Demonstration. Die Fahne müsse also entweder eingerollt werden, oder das Weitergehen bleibe verboten.“

Daraufhin blieben die meisten Spontandemo-Teilnehmer stehen. Nur Riebe und seine Anwaltskollegen Erik Schumann und Achim Doerfer, Schatzmeister der Jüdischen Gemeinde Göttingen, zogen weiter, Riebe mit offen sichtbarer Israel-Flagge, heißt es in der Klageschrift.

Zu zweit ungefährlich

Zu einer weiteren Konfrontation mit der Polizei kam es am unteren Ende der Barfüßerstraße. Erneut verbot die Polizei das Weitergehen, führt die Klageschrift aus. Die Teilnehmer der anderen Demonstration könnten sich provoziert fühlen. Riebe entgegnete, weil sie nur noch zu zweit seien – Doerfer war bereits gegangen – gälten die Auflagen für Versammlungen nicht mehr. Er und Schumann seien zudem friedlich und ungefährlich, weil nur zu zweit.

Der Polizei sei das völlig gleichgültig gewesen, führt die Klageschrift aus. Sie hätten Riebe und Schumann angewiesen, zu warten, bis das Problem geklärt sei. „Nach geraumer Zeit“ hätten beide dann doch weitergehen dürfen.

Riebe strebt mit seiner Klage an, die Verbote des Weiterziehens gerichtlich als rechtswidrig erklären zu lassen. Dafür müsse „eine Sachlage vorliegen, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintritt“. Das sei nicht der Fall gewesen.

Fahnenverbot rechtswidrig

Auch für das Fahnenverbot gebe es keine Rechtsgrundlage. Das – bewusst öffentliche – Mitführen der Israelflagge habe die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet. Er sei „gespannt“, erklärt Riebes Rechtsvertreter Hannes Joachim Synofzik, wie die Polizei „in ihrer Klageerwiderung begründen will, dass das öffentliche Zurschaustellen einer Israelflagge in Göttingen einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung begründen soll“. Das Ziel, beide Lager voneinander zu trennen, könne die Polizei hier ebenfalls nicht anführen, weil die anti-israelische Kundgebung gar nicht in der Innenstadt stattgefunden habe.

Die Polizeidirektion Göttingen will sich zu dem Vorgang vorerst nicht äußern. „Derzeit“, erklärt Sprecherin Julia Huhnold, „wird der Sachverhalt durch das zuständige Dezernat geprüft.“ Aussagen zum Sachverhalt könne die Polizei „im Hinblick auf das laufende Verfahren nicht tätigen“.

Quelle: Göttinger Tageblatt

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