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Apr 26

Richter kürzt Haftstrafe für Intensivtäter: Wie kann so einer „haftempfindlich“ sein?

Adel S. (28) in Handschellen vor Gericht. Er stellte 2015 einen Antrag auf Asyl, der wurde 2017 abgelehnt. S. war seitdem illegal in Deutschland

Chemnitz – Dieses Urteil des Zwickauer Landgerichts macht sprachlos!

Der Algerier Adel S. (28) beging in sieben Monaten sechs Straftaten, kassierte dafür dreieinhalb Jahre Haft. Jetzt ging er in Berufung und bekam einen Strafrabatt – mit dem unfassbaren Satz des Richters: „Als Ausländer leiden Sie unter erhöhter Haftempfindlichkeit.“

► Hintergrund: Der abgelehnte Asylbewerber lebte seit 2015 im sächsischen Plauen, wurde Ende 2015 zum ersten Mal wegen Diebstahls (Strafe: 140 Euro) auffällig. Er klaute weiter, bevorzugt Mobiltelefone. Anfang 2016 folgte ein weiteres Urteil wegen Diebstahls und Erschleichens von Leistungen in mehreren Fällen. Strafe: sieben Monate Knast auf Bewährung.

Opfer Jihad A. (26)

Mit einem Messer schnitt Adel S. eine zehn Zentimeter lange Wunde ins Gesicht von Jihad A. (26). Er bleibt für immer entstelltFoto: Frank Vacik

► Vor 14 Monaten zerschnitt er einem Bekannten mit einem Messer das Gesicht, als der ihn nach einem gestohlenen Handy fragte. Richter Stephan Zantke (56) vom Zwickauer Amtsgericht verurteilte ihn zu dreieinhalb Jahren Haft und sagte: „Wir haben genügend deutsche Straftäter, da brauchen wir keine ausländischen.“

Adel S. ging in Berufung. Richter Rupert Geußer (55) reduzierte nun die Strafe auf zweieinhalb Jahre Haft. „Auch die Geständigkeit führte zu der moderateren Strafe als in der ersten Instanz“, erklärte Geußer in seinem Urteil.

Richter Rupert Geußer

Richter Rupert Geußer (55) sprach in zweiter Instanz ein milderes Urteil

Die sogenannte „Haftempfindlichkeit“ begründete er gegenüber BILD mit der „Sprachbarriere“ im Gefängnis. Der Algerier spricht kaum Deutsch.

Und Was ist „Haftempfindlichkeit“?

Sie beschreibt den Einfluss, den die Haft auf den Täter hat. Bei der Strafzumessung kann sie zur Lockerung des Vollzugs oder zu einem geringeren Strafmaß führen. Gründe dafür können unter anderem Alter und Gesundheitszustand sein. Bei Adel S. spielte die sogenannte Ausländereigenschaft eine Rolle.

In einem Kommentar zum Gesetz (§ 46 Strafgesetzbuch) heißt es dazu: „Die Ausländereigenschaft begründet idR auch keine besondere Strafempfindlichkeit. Nur besondere Umstände, die näher darzulegen sind, z. B. Verständigungsprobleme (fernliegend bei langjährigem Aufenthalt, regelmäßiger Berufstätigkeit), abweichende Lebensgewohnheiten, erschwerte familiäre Kontakte, können zu einer anderen Beurteilung führen.“

► Heißt im Klartext: Für Ausländer ist die Haft besonders schlimm, wenn sie kein Deutsch sprechen, in Deutschland keine Familie haben und mit der Kultur nicht vertraut sind.

Der Jurist und Politiker Alexander Hoffmann (43, CSU) hält das Urteil für falsch: „Wer ohne Deutschkenntnisse Straftaten begehen kann, der kann auch ohne Deutschkenntnisse im Gefängnis einsitzen!“ Nach der Haft droht Adel S. die Abschiebung.

Quelle: BILD

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