Laut Virologe Alexander Kekulé schätzt das Gesundheitsministerium den Ernst der Lage bei der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus nicht richtig ein. Kekulé fordert Einreisekontrollen und „flächendeckende Screenings“.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schätzt aus Sicht des Virologen Alexander Kekulé den Ernst der Lage bei der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus nicht richtig ein. Das Bundesgesundheitsministerium stelle das Virus weiterhin als harmloser als die Grippe dar, sagte Kekulé am Dienstag im Deutschlandfunk.
Allerdings liege die Sterblichkeit bei der Grippe bei etwa 0,1 Prozent, beim neuartigen Coronavirus hingegen zwischen 0,5 und 1,5 Prozent.
„Das heißt, das Virus ist für denjenigen, der die Infektion bekommt, zehnmal gefährlicher“, warnte der Virologe. Zudem sei es sehr viel schwieriger, die Risikogruppe einzuschätzen: Anders als bei der Grippe sei das neuartige Coronavirus bislang nicht nur für ältere oder sehr junge Menschen tödlich gewesen, sondern auch für Menschen im mittleren Alter.
„Zigarette austreten, bevor sie Waldbrand verursacht“
Kekulé hatte zuvor schon Einreisekontrollen und „flächendeckende Screenings“ zum Schutz vor der Epidemie empfohlen. Nun müssten die Behörden die „Zigarette austreten, bevor sie einen Waldbrand verursacht“, mahnte der Mediziner. Das sei zum Beispiel möglich, wenn in Deutschland künftig jeder Fall einer schweren Atemwegserkrankung sofort auf das Coronavirus getestet werde.
Spahn nimmt am Dienstag an einem Krisentreffen europäischer Gesundheitsminister zum neuartigen Coronavirus in Rom teil. Italien hat dazu eingeladen, nachdem es sich binnen kurzer Zeit zum größten Herd des neuartigen Virus in Europa entwickelt hat.
Bislang wurde in Italien bei knapp 230 Menschen eine Infektion mit dem Erreger der Lungenkrankheit Covid-19 nachgewiesen, sieben Infizierte starben bereits. Die meisten Infektionen wurden in der nördlichen Region Lombardei verzeichnet. Die italienische Regierung stellte elf Orte mit insgesamt mehr als 50.000 Einwohnern unter Quarantäne.