Der Polizeipräsident der Stadt Münster, Hajo Kuhlisch, hat sich mit Vertretern eines Zentrums getroffen, das seit mehr als 20 Jahren als Anlaufstelle des islamistischen Terrornetzwerks Hisbollah bekannt ist.
Die „Mahdi AG“, Teil des Imam-Mahdi-Zentrums in Münster, war Ende November beim Polizeipräsidenten zu Gast und berichtete nach dem Treffen auf ihrer Facebook-Seite von dem „netten Abend“ und „fruchtbaren Austausch“. Man habe sich u.a. über die Arbeit der Gruppe, antimuslimischen Rassismus und Fragen des Glaubens unterhalten und sei „gespannt, was die Zukunft bringt“.
Der Verfassungsschutz NRW beobachtet das Imam-Mahdi-Zentrum seit seiner Gründung vor über 20 Jahren. Laut Verfassungsschutzbericht 2016 gilt es als „Plattform und Begegnungsstätte“ für Hisbollah-Anhänger aus Nordrhein-Westfalen. Mehr als 100 Hisbollah-Anhänger würden in NRW leben, bundesweit seien es rund 950.
Die unveränderten Maximen der Hisbollah laut Verfassungsschutz NRW: Die Vernichtung des Staates Israel sowie die Errichtung einer „islamischen Herrschaft“ über Jerusalem. Dafür bediene sich die Hisbollah „auch terroristischer Mittel“, es handele sich „weiterhin um eine international gut vernetzte terroristische Organisation“.
Auf BILD-Anfrage beim Polizeipräsidenten, ob das Treffen mit dem Verfassungsschutz abgesprochen war, ließ die Pressestelle nur verlauten, dass sich Polizeipräsident Kuhlisch „regelmäßig mit den in Münster ansässigen Vertretern der unterschiedlichen Religionen, darunter christliche, jüdische und islamische Gemeinden“ treffe.
Die Gespräche fänden in einer „lockeren Gesprächsatmosphäre ohne feste Tagesordnung statt“. und dienten in erster Linie dem gegenseitigen persönlichen Kennenlernen und allgemeinen Meinungsaustausch. Der Polizeipräsident beantworte dabei auch „Fragen im Zusammenhang mit der allgemeinen Sicherheitslage in der Stadt Münster“ und fordere das „friedliche Zusammenleben aller unterschiedlichen Religionen und Kulturen“ ein.
Das Innenministerium von NRW war vorab nicht über das Treffen informiert, auch der Verfassungsschutz wurde nicht in Kenntnis gesetzt, so ein Ministeriumssprecher auf BILD-Anfrage.
„Eine abschließende Bewertung des Sachverhaltes ist noch nicht möglich, da wir derzeit noch die Hintergründe des Treffens klären. Hierzu wird es ein Gespräch mit Polizeipräsident Kuhlisch geben“, kündigte der Sprecher an.
Die nordrhein-westfälische Polizei distanziere sich klar vom Antisemitismus. Innenminister Herbert Reul habe bereits mehrfach betont, dass das Existenzrecht Israels in Deutschland zur Staatsräson gehört, so der Sprecher weiter.
Es war aber offenbar nicht der erste Kontakt der Münsteraner Polizei mit Vertretern des Zentrums – schon im April kündigte die Gruppe einen Vortrag eines Kriminalhauptkommissars zum Thema Gefahren im Internet im Imam-Mahdi-Zentrum an.
Deutschland und die EU haben derzeit nur den militärischen Arm der Hisbollah als Terrororganisation eingestuft. Eine künstliche Unterscheidung, die nicht der Realität innerhalb der Organisation entspricht, sagen Experten.
Hisbollah-Verbindung nicht Teil des Gesprächs
Für den institutionalisierten Kontakt der Polizei zu Einrichtungen, die unter Extremismusverdacht stehen, gebe es durchaus gute Gründe sagt Prof. Susanne Schröter, Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Universität Frankfurt, „insbesondere der, dass man Gemeindemitglieder erreichen möchte, die selbst nicht radikal sind, sondern sich schlicht einer Gemeinschaft angeschlossen haben, die Verbindung mit der eigenen Herkunftsnation hat oder religiöse Dienstleistungen anbietet.“
„Im vorliegenden Fall handelt es sich allerdings nicht nur um eine problematische Gruppierung wie die Ditib oder Milli Görüs, sondern um einen Verein, der im Verdacht steht, mit einer internationalen Terrororganisation zusammenzuarbeiten“, so Prof. Schröter.
Die Verbindung zur Hisbollah war jedoch laut den Beschreibungen durch Polizei und Mahdi AG nicht Teil des Gesprächs. „Vollkommen unverständlich ist es, dass man dem Zentrum die Möglichkeit geboten hat, sich als respektable und unverdächtige Einrichtung der Stadtgesellschaft zu präsentieren“, so Schröter weiter.
Beim Mykonos-Attentat 1992 ermordeten Hisbollah-Agenten vier Oppositionelle im Auftrag des iranischen Regimes – mitten in Berlin. 2012 verübten Hisbollah-Terroristen einen Anschlag auf einen Reisebus mit israelischen Touristen im bulgarischen Burgas. Dabei wurden sieben Menschen getötet, 32 verletzt.