Das Thema Flüchtlinge steht weiter ganz oben auf der politischen Agenda. Obwohl zurzeit wenige Asylsuchende ankommen, hält sich München für verschiedene Entwicklungen bereit und plant weitere Unterkünfte.
München – Früher schliefen hier Flüchtlinge, nun gammelt sie vor sich hin: die Leichtbauhalle an der Max-Proebstl-/Ecke Brodersenstraße in Daglfing. Die CSU im Bogenhauser Bezirksausschuss wurmt das. Sie beantragte, die Halle abzureißen und das Areal freizugeben, um dort etwa eine dringend benötigte Kindertageseinrichtung zu bauen. Antwort von Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD): Geht nicht – nach wie vor soll dort eine feste Flüchtlingsunterkunft entstehen.
Dass das in Zeiten geschieht, da relativ wenige Asylsuchende in Deutschland ankommen, wirft Fragen auf: Auf welche Szenarien bereitet sich die Stadt vor? Was wird aus den Standorten, die längst beschlossen wurden – werden diese noch gebraucht? Zur Begründung schreibt Schiwy an den Bezirksausschuss: Die Regierung von Oberbayern habe die Landeshauptstadt „nach einem zwischenzeitlichen Planungsstopp aufgefordert, bereits bestehende Planungen zur Bereitstellung weiterer staatlicher Gemeinschaftsunterkünfte wieder aufzunehmen“. Steht ein neuer Flüchtlingszuzug bevor?
Flüchtlingszahlen bleiben auch zukünftig „unregelmäßig“
Ende April 2015 hatte der Stadtrat entschieden, an der Max-Proebstl-Straße zunächst eine Leichtbauhalle für 300 Geflüchtete und später eine feste Unterkunft hinzustellen. Laufzeit: fünf bis zehn Jahre. Damals steckte die Stadt mitten in der Flüchtlingskrise, es mussten Sofortprogramme her. Im Frühjahr 2016 entspannte sich die Lage: Die Verwaltung hatte ausreichend Standorte gefunden und durch den Stadtrat gebracht.
Doch dann durchkreuzte die Regierung von Oberbayern die Pläne: Alles musste auf den Prüfstand, nachdem die Flüchtlingszahlen zurückgegangen waren. Die Staatsregierung hatte im April 2016 entschieden, wieder verstärkt staatliche Unterkünfte zu bauen und zu betreiben, um, so die offizielle Begründung, die Kommunen zu entlasten. In München standen seither zig Projekte auf der Kippe, im Landkreis sogar Hunderte.
Dass der Planungsstopp nun aufgehoben sei, will die Regierung von Oberbayern nicht bestätigen, nur so viel: Es habe Anfang August Gespräche gegeben, „um die weitere Entwicklung von Asyl-Unterkünften“ in der Stadt zu besprechen, sagt Sprecher Martin Nell. Eine aktuelle Prognose, wie viele Geflüchtete erwartet werden, gebe es nicht. Nur Fakten: Von Januar bis Ende Juli 2017 registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rund 100 000 neue Asylsuchende im Land. 2016 waren es etwa 280 000 gewesen, 2015 rund 890 000. München werden laut Nell zurzeit „laufend, aber unregelmäßig“ Menschen zugewiesen. Anfang Juli lebten stadtweit etwa 8000 Flüchtlinge in den aktuell rund 50 Unterkünften.
Zwölf neue Unterkünfte sollen realisiert werden
Laut Sozialreferat wurden im Lauf des Jahres 2016 rund 15 Standorte geschlossen, vor allem Notbehausungen wie Bürogebäude und alle acht Leichtbauhallen, darunter die an der Max-Proebstl-Straße, die seither leerstehen und wo nur Wachleute Dienst schieben. Etwa fünf Standorte wurden nach Gesprächen mit der Regierung verworfen. Weitere Herbergen schließen heuer, darunter das frühere Osram-Gebäude in Obersendling.
Zugleich aber werden derzeit etwa zwölf neue Unterkünfte realisiert, die die Stadt bereits beschlossen hatte, darunter vier staatliche Gemeinschaftsunterkünfte. Dazu gehört die Max-Proebstl-Straße: 240 Bettplätze sollen hier entstehen – wann, ist noch völlig unklar. Bei einigen Standorten steht auch noch nicht fest, wer dort überhaupt einziehen soll: erwachsene Asylbewerber und Familien, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder aber Wohnungslose?
Denn das Hauptproblem für die Stadt ist aktuell eher, die Menschen unterzubringen, deren Asylverfahren mit einem Schutzstatus geendet hat und die keine Wohnung finden. Auch darum dürfte die Zahl der Wohnungslosen bis Jahresende auf 9000 steigen, wie das Sozialreferat schätzt. In den vergangenen Jahren plante die Stadt darum Unterbringungsplätze für Flüchtlinge und Wohnungslose meist gleichzeitig. Die Zahl der Unterkünfte für Wohnungslose soll auf knapp 60 wachsen.
Mitarbeiter des Sozialreferats, so war zu hören, waren damals ziemlich verärgert über den Planungsstopp: auch weil städtische gegenüber staatlichen Unterkünften den Vorteil haben, dass sie später einfacher umgewidmet werden und etwa für Wohnungslose genutzt werden können.