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Mai 08

Unter Auflagen: Gefährder sollen nun doch ihre Familie nachholen dürfen

Eine syrische Familie sitzt vor einem Asylwohnheim der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (Archivbild)

Die Bundesregierung will sogenannten Gefährdern entgegen ursprünglicher Pläne nun doch in Ausnahmefällen den Familiennachzug gestatten und hat damit eine Kontroverse innerhalb der Koalition ausgelöst.  „Die SPD sollte sich lieber darum kümmern, wie man Leute wie den Ex-Leibwächter von Osama bin Laden aus dem Land bekommt“, sagte CDU-Innenexperte Philipp Amthor FOCUS Online.

Demnach haben sich Union und SPD darauf geeinigt, den Familiennachzug auch für Gefährder unter Auflagen aus humanitären Gründen zu gestatten: „…in begründeten Einzelfällen (können) Ausnahmen zugelassen werden, wenn sich derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll, gegenüber den zuständigen Behörden offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt“, heißt es in der Kabinettsvorlage von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten, über die am Mittwoch das Kabinett abschließend abstimmt.

Amthor: SPD sollte sich lieber darum kümmern, Gefährder wie Bin-Laden-Leibwächter abzuschieben

Innerhalb der Union formiert sich Widerstand gegen die Regelung. So kritisierte der CDU-Innenexperte Philipp Amthor, dass die SPD mit dieser geforderten Nachbesserung „falsche Akzente“ setze. „Anstatt zu debattieren, unter welchen Umständen auch Gefährder einen Anspruch auf Familiennachzug durchsetzen können, täte die SPD besser daran, Lösungen dafür zu suchen, wie man zum Beispiel Personen wie den ehemaligen Leibwächter von Osama bin Laden abschieben kann, der seit etlichen Jahren in Deutschland wohnt. Auf solche Fragen sollten wir uns konzentrieren“, sagte Amthor FOCUS Online.

Auch wenn die „kompromissfähige Kabinettsvorlage“ als Bedingung für einen Familiennachzug festlege, dass sich Gefährder zuerst glaubhaft von ihrer sicherheitsgefährdenden Ideologie distanzieren müssten, fragt sich Amthor, wie das praktisch glaubhaft umzusetzen sei. „Glaubt die SPD wirklich, es reicht, dass die Gefährder eine Erklärung abgegeben, und damit ist alle Gefahr gebannt? Dieser Gedanke ist doch reichlich schief.“

Vorlage auf Druck der SPD

CSU-Rechtsexperte Michael Frieser sagte dem RND: „Die Bundesjustizministerin hat darauf bestanden, eine Ausnahmeregelung für Gefährder in den Gesetzentwurf aufzunehmen. Das wäre nicht nötig gewesen. Es ist der Versuch durch die Hintertür, weitere Kontingente für den Familiennachzug zu schaffen.“ Laut Amthor sei die Initiative für „reumütige Gefährder“ auf Druck von Justizministerin Katarina Barley in die Kabinettsvorlage eingearbeitet worden.

Auch die Bundestagsabgeordnete Andrea Lindholz (CSU) lehnt den Familiennachzug zu Gefährdern „ausnahmslos“ ab, wie sie zu FOCUS Online sagte. „Selbst wenn nur wenige Einzelfälle betroffen sind, das politische Verhetzungspotenzial dieser Ausnahmeregelung ist enorm. Davor haben wir als Unionsfraktion seit Wochen immer wieder gewarnt. Der Koalitionsvertrag sieht ausdrücklich vor, dass der Familiennachzug zu Gefährdern ausgeschlossen wird. Ich kann die Blockadehaltung der Bundesjustizministerin an dieser Stelle überhaupt nicht nachvollziehen.“

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums verwies auf Nachfrage auf Artikel 6 des Grundgesetzes: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“  Aus dem Ministerium hieß es, die Ausnahme sei nötig, um das hohe Gut der Ehe auch für Gefährder zu schützen, die ihre Ehe vor der Flucht geschlossen hätten.

Das Kontingent für den Familiennachzug wird auf monatlich 1000 nationale Visa beschränkt. Die Übernahme von nicht ausgeschöpften Kontingenten von einem Monat auf den nächsten soll nicht möglich sein. Gestattet werden kann der Familiennachzug für Ehegatten, minderjährige ledige Kinder oder Eltern eines minderjährigen Ausländers. „Ein Anspruch auf Familiennachzug besteht für den genannten Personenkreis nicht“, heißt es in der Kabinettsvorlage.

Koalitionsvertrag sieht keinen Familiennachzug für Gefährder vor

Im Koalitionsvertrag war jedoch etwas anderes vereinbart worden. Dort heißt es, der Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige werde nur gewährt, wenn „es sich nicht um Gefährder handelt“. Außerdem solle der Familiennachzug nur dann für Ehepartner handelt, wenn die Ehe schon vor der Flucht geschlossen wurde „keine schwerwiegenden Straftaten begangen wurden“ und „eine Ausreise kurzfristig nicht zu erwarten ist“.

Quelle: focus

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