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Mrz 05

Zahlreiche Tafeln schlagen Alarm: Darum lehnen sie Flüchtlinge ab

Jörg Sartor nimmt keine neuen Flüchtlinge in der Essener Tafel auf.

Essen – Nachdem Jörg Sartor (61) in den letzten Tagen für Schlagzeilen sorgte, weil er in der Essener Tafel keine weiteren Flüchtlinge aufnimmt, wird das Ausmaß der Misere nun immer deutlicher: In ganz Deutschland gibt es Tafeln, die Flüchtlinge abweisen.

Jörg Sartor nimmt keine neuen Flüchtlinge in der Essener Tafel auf.
Jörg Sartor nimmt keine neuen Flüchtlinge in der Essener Tafel auf.

Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Letzten Endes läuft es aber auf ein Grundproblem hinaus: Engpässe.

Renate Kampe (79) leitet die Tafel im nordrhein-westfälischen Marl. Dort werden derzeit viele Flüchtlinge abgelehnt, jedoch nicht gezielt, sondern eher durch einen Zufall.

Denn zur Zeit gilt dort folgende Regelung: Alleinstehende junge Männer werden nicht mehr aufgenommen. „Alleinstehende junge deutsche Männer gibt es bei uns so gut wie gar nicht“, erklärt die 79-Jährige gegenüber „Spiegel Online“. Nur deshalb sieht es derzeit so aus, als würden in Marl gezielt Ausländer abgewiesen.

Es gibt jedoch noch weitere Städte in denen die Tafeln Einheimische bevorzugen. So zum Beispiel im bayerischen Zwiesel. Alfred Zellner, Leiter der dortigen Tafel sagt ganz klar: „Vorrang haben die Rentnerinnen und Rentner.“ Und das seien fast ausschließlich Einheimische.

Alfred Zellner von der Tafel in Zwiesel: „Aktuell bekommen bei uns Flüchtlinge keine weiteren Berechtigungsscheine mehr.“

Renate Kampe (79) lehnt Flüchtlinge nicht per se ab.
Renate Kampe (79) lehnt Flüchtlinge nicht per se ab.

Doch dabei belässt es Zellner nicht. Er begrenzt die Zahl der zugelassenen Flüchtlingsfamilien auf 17 und hat dafür einen guten Grund. Denn laut des Tafel-Chefs haben die meisten Familien fünf bis sieben Kinder, was dazu führt, dass sie bereits ein Drittel der dortigen Tafel-Besucher ausmachen.

„Aktuell bekommen bei uns Flüchtlinge keine weiteren Berechtigungsscheine mehr“, so Zellner laut „Spiegel Online“. Er will außerdem: „…Sozialneid verhindern.“

Im niederbayerischen Regen berichtet man von anderen Problemen. Hier fühlten sich die Einheimischen oft von den Flüchtlingen eingeschüchtert und kamen einfach nicht mehr. Deshalb hat der dortige Tafel-Leiter Peter Brückl einen besonderen Dienst eingeführt: Er liefert das Essen aus, allerdings nur an Deutsche.

Die Tafel in Bochum-Wattenscheid bestätigte gegenüber „Spiegel Online“ auf Nachfrage, dass auch bei ihnen Rentner zuerst drankommen.

Die Kritik von der Bundesregierung können die Tafel-Verantwortlichen überhaupt nicht nachvollziehen. „Wir laden die Politiker, die Begrenzungen für Flüchtlinge in Essen und anderswo kritisieren, gerne ein, sich einmal eine Woche bei uns hinter den Ladentresen zu stellen“, sagt Alfred Zellner aus Zwiesel.

„Sie können dann sehen, wie groß die Armut mitten im reichen Deutschland ist und was die Ehrenamtlichen leisten.“

Fotos: Roland Weihrauch/dpa, Marcel Kusch/dpa

 

Quelle: Tag24

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