Ein Vater und zwei seiner Söhne sollen acht Polizisten verprügelt haben – weil in ihrer Straße Strafzettel verteilt wurden. Einem Polizisten wird dabei die Augenhöhle mit einem Radmutterschlüssel zertrümmert.
ls am Samstag im November 2016 bei der Polizei in Düren nicht weit von Aachen der Notruf eingeht, klingt alles nach einem Routineeinsatz: Ein städtischer Mitarbeiter, der unterwegs ist und Knöllchen schreibt, wird bedroht. Wenn er sich noch mal in der Straße blicken lasse, würde er ihn umbringen, soll ihm ein 47-jähriger Anwohner gesagt haben.
Eine Streife fährt hin, doch vor Ort werden die Polizisten laut Staatsanwaltschaft angegriffen und verprügelt. Acht Beamte werden verletzt, stellt Staatsanwaltschaft Joel Güntert am Freitag bei Beginn des Prozesses am Landgericht Aachen fest. Auf der Anklagebank sitzen ein Vater und zwei seiner Söhne.
An jenem Samstag schreit der 47-jährige Anwohner den ersten eintreffenden Polizisten an. Der soll entgegnet haben: „Hier gewinnt nicht der, der am lautesten schreit.“ Der 29-jährige Sohn mischt sich laut Anklage ein: „So spricht man nicht mit meinem Vater.“ Aufgrund der aggressiven Situation ruft ein Polizist per Notruftaste im Streifenwagen Verstärkung, die nach und nach ankommt.
Es entwickelt sich ein dynamisches Geschehen, wie aus der Anklage hervorgeht: Der Vater geht zum körperlichen Angriff auf einen Polizisten über, greift zu einem Radmutterschlüssel und wird von einem Kollegen des Polizisten mit Pfefferspray abgewehrt.
Der 29 Jahre alte Sohn streckt einen Polizisten mit einem Faustschlag nieder und schlägt ihm mit dem Radmutterschlüssel auf den Kopf und zertrümmert dem damals 37 Jahre alten Mann damit die Augenhöhle. Das Opfer leidet noch immer unter den Folgen, wie sein Anwalt sagt.
Aufseiten der Gegner sollen mehr als die drei Angeklagten beteiligt gewesen sein, aber mehr als die drei werden nicht ermittelt. Auf der Anklagebank sitzt der 29-jährige Sohn, der dem jungen Polizisten die Augenhöhle zertrümmert haben soll, angeklagt unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung. Ihm und dem Vater werden unter anderem versuchte gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, allen auch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
„Jeder der ausgestiegen ist, wurde direkt angegriffen“
Bis zu diesem „Zwischenfall“ sei alles in Ordnung gewesen, sagt der 28-jährige mitangeklagte zweite Sohn zu Beginn des Prozesses: Er kommt aus einer Familie mit neun Geschwistern, hat eine Ausbildung zum Heizungsinstallateur gemacht, steckt beim Studium in den letzten Zügen, war früher Messdiener und hilft noch immer in der Pfarrei bei größeren Festen.
Auch beim Älteren lief nach seiner Schilderung bis dahin offenbar alles glatt: Zuletzt hat er als Bauleiter gearbeitet, besuchte die Abendschule zum staatlich geprüften Betriebswirt. Nur der Jüngere will sich später zu den Vorwürfen äußern.
Anwalt Christoph Arnold vertritt fünf angegriffene Polizisten, drei davon sind Nebenkläger in dem Verfahren. Nach und nach seien immer mehr Streifenwagen gekommen. „Jeder der ausgestiegen ist, wurde direkt angegriffen“, sagt er. Das wirke bei den Polizisten nach.
Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat landesweit die Gewalt gegen Polizisten in Nordrhein-Westfalen 2016 um 20 Prozent zugenommen. Fast 17.000 Beamte wurden demnach im Dienst beleidigt, bedroht oder körperlich angegriffen.
In dem Verfahren, das bis zum 31. August laufen soll, sind nach Angaben des Gerichts 60 Zeugen geladen.