Syrische Flüchtlingsfamilie vor Weihnachten wieder vereint. Kassel. Dass es in der Adventszeit auch berührende Familiengeschichten gibt, erfährt man, wenn man Hadie und seine Frau trifft. Zweieinhalb Jahre war er von ihr und seinen drei Kindern getrennt.
Kurz vor Weihnachten konnte Hadie seine Frau Salmam Almohammad und die drei Kinder Niran, Haidara und Lalaeala in Frankfurt am Flughafen abholen. Für uns, die Geschichte der Woche. Allerdings ist die Familie von so etwas wie Alltag oder Normalität noch weit entfernt. Was jetzt zählt, sind weitaus unmittelbarere Dinge: „Wir sind einfach nur glücklich, wieder zusammen zu sein“, sagt der 30-jährige Hadie. Was hinter der Familie liegt, lässt sich nur schwer in Worte fassen und noch schwerer begreifen:
Nach Hadies Flucht vor zweieinhalb Jahren, blieb seine Familie zurück. Seine Frau kümmerte sich in der Heimat im Osten Syriens um die drei Kinder, während er 4000 Kilometer entfernt fast daran verzweifelte, sie nicht beschützen zu können. Der IS hatte die Stadt eingenommen. Nachts sei er rastlos durch die Straßen gelaufen, tags habe er jede Sekunde an die Familie gedacht.
Hadie hat in Syrien Jura studiert und bei seinem Vater in einem Logistikunternehmen gearbeitet. Der Wunsch, vor dem schrecklichen Bürgerkrieg zu fliehen, wurde immer drängender. Seine Frau, die beiden Töchter und den damals zwei Monate alten Sohn brachte er zu seinen Eltern in einem nicht umkämpften Gebiet seiner Heimatstadt Deir ez-Zor in Sicherheit. Mit Freunden und nur mit den Notwendigsten im Rucksack machte er sich auf den Weg.
300 Kilometer langer Fußweg von Syrien in die Türkei
Wenn Hadie von seiner Flucht erzählt, verschwindet das glückliche Strahlen aus seinem Gesicht. Bedrückend sind immer noch die Erinnerungen an den 300 Kilometer langen Fußweg von Syrien in die Türkei, an die Überfahrt nach Griechenland im kleinen Schlauchboot, an die Flüchtlingscamps, den Fußmarsch über die Balkanroute, an die Nächte im Wald, ständige Angst, von der Polizei aufgegriffen zu werden.
Im Oktober 2015 kommt er in der Nähe von München an. Über die Stationen Dresden und Hannover landet er schließlich in Kassel. Einen Deutschkurs hat er erfolgreich abgeschlossen. Bewerbungen schreibt er am Fließband. „Ich bekomme nur keine Zusagen“, sagt Hadie. Gern würde er eine Ausbildung zum Zahntechniker machen.
Seine Kinder sollen zur Schule gehen und seine Frau einen Sprachkurs machen. „Am dringendsten brauchen wir aber eine Wohnung“, sagt Hadie. In der Zwei-Raum-Wohnung mit Küche wird es eng für die Familie. „Kassel ist eine schöne Stadt, die Menschen sind freundlich und unterstützen uns. Vor allem können wir ohne Angst und in Sicherheit leben“, sagt Hadie. Zurück nach Syrien können sie nicht. Ihre Stadt würde nicht mehr existieren, sagt Hadie. „Gemeinsam freuen wir uns erst mal auf Weihnachten und das wir wieder vereint sind.“