Er hat aber die Ansteckung einer Frau mit HIV in Kauf genommen. Dafür gab es vom Arnsberger Landesgericht eine sechsmonatige Haftstrafe. Arnsberg/Wennigloh
Nach sechs langen Verhandlungstagen vor der 6. Großen Strafkammer des Arnsberger Landgerichts wurde der 19-jährige Afrikaner, der 2015 mit der großen Flüchtlingswelle als Asylbewerber über Italien nach Deutschland gekommen war, aufgrund von Zweifeln vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen.
Wegen einer versuchten gefährlichen Körperverletzung jedoch wurde er zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt.
Staatsanwalt sieht Vergewaltigung in Wohnung in Wennigloh als bewiesen an
Er war am 24. August 2017, einen Tag nach der vorgeworfenen Tat in Untersuchungshaft gekommen, weil ihn eine 19-jährige Nigerianerin beschuldigt hatte, sie in seiner Wohnung in Wennigloh vergewaltigt zu haben.
Davon ging der Staatsanwalt auch bis zum Ende der Beweisaufnahme aus und beantragte in seinem Plädoyer für die Vergewaltigung und die versuchte gefährliche Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten.
Angeklagter nahm Ansteckung durch HIV-Infektion in Kauf
„Die Lügen, die man dem Opfer nachgewiesen hat, betrafen lediglich das Randgeschehen. Im Kernbereich hat sie an mehreren Prozesstagen die Behauptung realistisch aufrecht erhalten“, begründete der Staatsanwalt seinen Antrag.
Er sah keine Anhaltspunkte für eine Falschaussage der damaligen Anzeigenerstatterin. Zudem sei der Angeklagte wegen einer versuchten gefährlichen Körperverletzung zu bestrafen, weil er trotz des Wissens über seine HIV-Infektion mit der Nigerianerin den Geschlechtsverkehr ausgeübt und somit eine das Leben gefährdende Handlung vorgenommen habe.
Verteidiger beharrt auf Unschuld seinen Mandanten
In seinem 25-minütigen Plädoyer versuchte der Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Klemme, dagegen das Gericht von der Unschuld seines Mandanten zu überzeugen.
Er widersprach dem Staatsanwalt energisch und führte Argumente auf, die für die Unschuld des 19-Jährigen sprachen, der die Vergewaltigung von Anfang an bestritten hatte.
Nach der Tat nicht von Vergewaltigung gesprochen
Es sei, so Klemme, wenn überhaupt, zu einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen. Außerdem habe die Frau direkt nach der angeblichen Tat an einer Bushaltestelle in Wennigloh mit zwei Zeugen gesprochen und von einer Vergewaltigung kein Wort erwähnt.
Sie habe den Angeklagten deshalb einer Vergewaltigung bezichtigt, weil ihr von anderen Asylbewerbern fälschlich berichtet worden sei, dass sie so eine größere Chance habe, Asyl gewährt zu bekommen.
„Es gibt keinen Tatnachweis“
„Es gibt keinen Tatnachweis. Deshalb ist mein Mandant wegen Vergewaltigung freizusprechen“, forderte der mit Leidenschaft plädierende Anwalt.
In seinem „letzten Wort“, das jeder Angeklagte vor dem Urteil hat, bedankte sich der 19-Jährige, der nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde, dafür, dass er nach dem vorausgegangenen Verhandlungstag aus der Untersuchungshaft entlassen wurde.
Strafe ist durch Untersuchungshaft schon abgegolten
Sein letztes Wort dauerte 20 Minuten. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeder, der in Deutschland in Haft war, als Verbrecher angesehen wird,“ sagte er unter anderen.
Das Gericht verurteilte den Angeklagten schließlich wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung. Diese Strafe muss er aber nicht absitzen, weil sie durch die Untersuchungshaft bereits abgegolten ist.