Mittwochabend, 20.15 Uhr, Berlin-Wedding: Eine Gruppe von Männern hält mit ihren Autos vor einer Bar in der Groninger Straße. Im Lokal sitzen die Gäste und genießen ihren Feierabend – dann eröffnen die Männer das Feuer. Sechzehn Mal schießen sie.
Die Kugeln treffen die Eingangstür, durchschlagen die Scheiben, wie Bilder vom Tatort zeigen. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt.
Nach dem Angriff auf die Bar flüchteten die Männer laut Angaben der Polizei mit mehreren Fahrzeugen. Die fünf mutmaßlichen Täter kommen nicht weit, werden kurz darauf festgenommen. Mittlerweile sind zwei der Männer – ein Tschetschene und ein gerade mal 17-jähriger Mazedonier – wieder auf freiem Fuß, wie ein Polizeisprecher zu FOCUS Online sagte. Gegen die drei anderen Männer, Tschetschenen, sei Haftbefehl erlassen worden.
Rocker-Gang „Guerilla Nation“ ist offenbar zurück
Die genauen Hintergründe sind derzeit noch unklar – doch eine Spur führt in die Rocker-Szene. Die Tatverdächtigen sollen zu einer Rocker-Gang gehören, wie die „BZ“ berichtet. Sie sollen Mitglieder der „Guerilla Nation Vaynakh“ sein, einem Rocker-Klub, der den Hells Angels nahesteht und in den Drogenhandel und das Geschäft mit der Schutzgelderpressung involviert sein soll.
Bestätigt sich dieser Verdacht, dann ist klar: Eine bekannte Rocker-Gang ist zurück im Geschäft und schreckt offenbar vor Gewalt nicht zurück. Die „Guerilla Nation“ hatte sich Ende 2016 nach internen Querelen und Ärger mit anderen Rockern aufgelöst. Viele Mitglieder des international agierenden Klubs stammten aus arabischen Clans.
Im Sommer 2016 schwor der Rocker-Klub Rache für ermordetes Mitglied
Die „Guerilla Nation Vaynakh“ ist ein Nachfolger der „Guerilla Nation“. Noch im August hatte der Klub Rache geschworen, nachdem einer seiner Rocker in Berlin-Lichtenberg erschossen worden war. Waren die 16 Schüsse auf das Lokal nun eine geplante Blutrache?
Dass die Bar-Angreifer aus der Rocker-Szene stammen, konnte die Polizei bislang nicht bestätigen. Die Mordkommission ermittelt zusammen mit einem Fachkommissariat für organisierte Kriminalität, um festzustellen, ob es tatsächlich Zusammenhänge mit der Rocker-Szene gibt, wie ein Sprecher FOCUS Online bestätigte.
In dem betroffenen Café soll es schon mehrfach Schlägereien gegeben haben
Wie die „Berliner Zeitung“ berichtete, soll das Lokal in der Vergangenheit mehrere Male den Eigentümer gewechselt haben. Seit einem knappen Jahr gehört es nun einem Albaner. Der Inhaber des Cafés kann sich den Angriff bislang nicht erklären. Der „BZ“ sagte er, er hätte mit niemandem Streit. Doch das Lokal soll keinen guten Ruf haben. Bereits mehrfach soll es dort Schlägereien gegeben haben, wie eine Anwohnerin der Zeitung sagte.
Die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen kriminellen Rockerbanden beschäftigen seit vielen Jahren die Polizei in ganz Deutschland. Im Mittelpunkt stehen oft die berüchtigten Hells Angels. Bei den Rockerkriegen geht es um die Macht in bestimmten Revieren, aber auch um vermeintliche Ehrverletzung. Neuere Rockerclubs wie die besagte „Guerilla Nation Vaynakh“ oder rockerähnlichen Gruppierungen wie die Osmanen Germania machen den eingesessenen Clubs ihre Vorherrschaft streitig.