Berlin – Eine Expertenkommission unter Leitung der Integrationsbeauftragten Aydan Özoguz fordert die erleichterte Einwanderung und eine verbesserte Lage von Zuwanderern. Das sind die Eckpunkte der Forderungen.
Eine Expertenkommission unter dem Vorsitz der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Aydan Özoguz hat ein positives Leitbild für das „Einwanderungsland Deutschland“ vorgestellt. Es zielt auf eine erleichterte Einbürgerung und mehr Vielfalt in den Amtsstuben ab, damit Zuwanderer in Deutschland schneller heimisch werden. Außerdem soll das am Dienstag veröffentlichte Papier in einem Klima, in dem die negativen Folgen von Migration oft die öffentliche Debatte dominieren, einen Kontrapunkt setzen.
Deutschland verdanke der Einwanderung viel, betonte Özoguz, die sich als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung schon lange bemüht, eine Einwanderung „ohne Konkurrenzdebatten“ zu gestalten. Sie sagte: „Es geht nicht darum, die einen zu bevorzugen und die anderen zu benachteiligen.“
Dilmaghani: Leitkulturdebatte wurde über uns, aber nicht mit uns geführt
Kommissionsmitglied Farhad Dilmaghani vom Verein DeutschPlus erklärte, es sei wichtig, dass Menschen mit Migrationsgeschichte an der Formulierung des neuen Leitbildes mitgewirkt hätten. „Die Leitkulturdebatte war für uns immer eine Debatte, die über uns, aber nicht mit uns, geführt wurde“, sagte er.
Die Autoren des Papiers wollen:
Eine Absenkung des Mindestaufenthalts bei Einbürgerungen: Wer seinen Lebensunterhalt selbst bestreitet, ausreichende Deutschkenntnisse hat und nicht wegen einer Straftat verurteilt wurde, hat nach geltendem Recht nach acht Jahren einen Anspruch auf Einbürgerung. Die Kommission weist darauf hin, dass die Wartezeit in den EU-Staaten im Durchschnitt bei fünf Jahren liegt. Außerdem spricht sie sich für eine „weitergehende Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft“ aus. Beim Doppelpass wird die Union sicher nicht mitgehen. Sie will diese Möglichkeit eher einschränken.
Eine Verbesserung der Lage von Geduldeten: Menschen, die keine Aufenthaltserlaubnis erhalten, aber als Geduldete oft über Jahre in Deutschland bleiben, müsse eine „erreichbare Bleibeperspektive geboten werden“. Zudem mahnt die Kommission faire und zügige Asylverfahren an.
Ein Bundespartizipationsgesetz befürwortete eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder. Dabei geht es darum, ein System der „Teilhabeförderung“ zu schaffen, damit Menschen mit Migrationsgeschichte in der Bundesverwaltung nicht länger unterrepräsentiert sind. Auch Verbände und Unternehmen könnten entsprechende Zielquoten formulieren, heißt es.
Ausländer, die dauerhaft in Deutschland leben, sollen das Stimmrecht in Volksabstimmungen erhalten, um sich so für Belange im eigenen Lebensumfeld einsetzen zu können, so berichtet die „Welt“.
Giousouf: „Mehr ein Phantom- als ein Leitbild“
Zu den 38 Mitgliedern der Kommission gehören der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhard, der Generalsekretär des türkischen Islamverbandes Ditib, Bekir Alboga, Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und der Oberbürgermeister von Nürnberg, Ulrich Maly (SPD). Organisiert wurde ihre Arbeit von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung.
Die Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Cemile Giousouf kritisierte, in dem Leitbild blieben kontroverse Themen wie etwa „die Verantwortung der Einwanderer selbst“ ausgeklammert. „Es ist mehr ein Phantom- als ein Leitbild“, sagte die CDU-Abgeordnete.
Erst vergangenes Jahr sorgte Özoguz mit Aussagen über Groß-Razzien in Deutschland gegen islamistische Terror-Werber für Irriationen. Damals hatte sie sich skeptisch über die Erfolgsaussichten der Polizei-Einsätze geäußert und daraufhin vor allem aus der Union viel Kritik geerntet.
dpa