Eitorf/Siegburg – Die Brutalität der Tat verfolgt Opfer und Zeugen bis heute. Der Mann, der am Rande des Eitorfer Karnevalszugs eine Frau niederstach, wurde am Montag vom Siegburger Schöffengericht zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand sprach deutliche Worte: „Er wollte sein Opfer entstellen.“
In der zweitägigen Hauptverhandlung ging es vor allem um das Motiv des Täters, eines 26-jährigen Asylbewerbers aus Syrien. Am Ende des insgesamt elfeinhalbstündigen Prozesses kam das Gericht zu dem Schluss, dass sich Verbitterung und enttäuschte Liebe beim Angeklagten so aufgestaut hatten, dass es am 12. Februar zu einer Explosion der Gewalt kam. Offen blieb, ob es zuvor eine Beziehung zwischen dem Angeklagten und der 31-jährigen dreifachen Mutter aus Afghanistan gegeben hatte. Die afghanische Familie war zuvor mit dem sehr gut Deutsch sprechenden Syrer befreundet, er half ihnen beim Umgang mit Behörden und bei der Wohnungssuche.
Als er begann ihr nachzustellen, habe sie versucht, den Kontakt abzubrechen, schilderte das Opfer im Zeugenstand. Der Angeklagte hingegen stellte sie als Prostituierte dar, sein Interesse sei rein sexuell gewesen. Er habe an diesem Rosenmontag nur seinen Schlüssel zurückgefordert, als sie schrie, habe er „aus Angst“ zugestochen. Dieses Motiv hielt sowohl die Staatsanwaltschaft wie auch das Schöffengericht für vorgeschoben. Egal, wie sich die Beziehung letztendlich darstellte, die Frau treffe keine Mitschuld, so Richter Wilbrand. Frauen seien „kein Freiwild, alle genießen den vollen Schutz der Rechtsordnung“.
An eine Bewährungsstrafe sei nicht denken
Dass der Angeklagte als integriert galt, gut deutsch spricht, arbeitet, ein Auto besitzt und in engem Kontakt steht zu einem deutschen Ehepaar, das ihn wie einen Sohn angenommen habe, helfe ihm in dieser Lebenslage nicht, betonte Wilbrand. Angesichts dieser gefährlichen Körperverletzung mit körperlichen und seelischen Folgen für die Frau, ihren Mann, der einen tiefen Bauchstich davon trug, und für ihre Kinder, die die Bluttat mitansehen mussten, sei an eine Bewährungsstrafe nicht zu denken.
Die hatte Strafverteidiger Michael Diwo gefordert aufgrund einer „extrem günstigen Sozialprognose“. Zudem sei der bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte als Ersttäter „haftempfindlich“.
Anwältin Dagmar Schorn, die die Opfer als Nebenkläger vertrat, vermisste hingegen, dass der Täter ihre Mandantin als Opfer anerkennt. In ihrem Plädoyer verlangte sie eine deutliche Strafe: „Ich möchte nicht, dass hier Einzug hält, dass Frauen im Gesicht verletzt und entstellt werden.“ Das Mitführen eines beidseitig geschliffenen Messers sei „in unseren Kulturkreisen nicht üblich“.
Das Gericht ging mit seinem Urteil über die Forderung der Staatsanwaltschaft von drei Jahren Haft hinaus. Dabei hätten sich das Geständnis und der geschlossene Vergleich mildernd ausgewirkt. Der Angeklagte stimmte einem Adhäsionsantrag zu; demnach muss er insgesamt 50.000 Euro an die afghanische Familie zahlen. Zehn druckfrische 200-Euro-Scheine übergab sein Anwalt noch im Saal an die Opfer.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Strafverteidiger ließ offen, ob er Berufung einlegt, oder in Revision geht. Der Verurteilte bleibt solange auf freiem Fuß, muss sich aber einmal wöchentlich bei der Polizei melden und darf zu den Opfern keinen Kontakt aufnehmen. Nach der Tat war die Familie aus Eitorf weggezogen. Aus Angst vor weiteren Übergriffen.