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Mai 20

Gedränge bei der Tafel in Worms: Fast 400 Asylbewerber wollen sich mit Lebensmitteln verpflegen

Der Andrang bei der Tafel ist kaum noch zu bewältigen, jetzt wo so viele Flüchtlinge dazugekommen sind. Foto: photoagenten / Christine Dirigo

WORMS – Rücksichtslos drängeln sich immer mehr neue Tafel-Besucher von hinten durch die Tür. Dabei stehen die Menschen im kleinen Warteraum bereits dicht gedrängt. „Stressig“, „nervtötend“ und „absolut unmöglich“ finden einige Stammbesucher der Tafel das Verhalten der vielen Asylbewerber, die nun vermehrt in die Wallstraße kommen.

„Wenn das so weitergeht, müssen wir bald einen Aufnahmestopp verhängen“, sagt Jürgen Sehrt, Geschäftsführer der Wormser Tafel. Das ist keine leere Drohung. Seit der Flüchtlingswelle im Sommer wurden gegen Ende 2015 mehr als 200 neue Tafelausweise ausgestellt. Sicher 400 Asylbewerber muss die Tafel nun zusätzlich verpflegen, schätzt Sehrt. An Lebensmitteln fehlt es nicht, aber weiterhin an Mitarbeitern und einer neuen Regelung.

„Einfach kein Respekt!“

„Mit mir nicht mehr!“, ruft ein Ehrenamtlicher erbost. Er macht die gleiche unangenehme Erfahrung wie die Tafel-Besucher, die darauf warten, dass ihre Nummern aufgerufen werden. „Die Asylbewerber schubsen einfach“, sagt eine 55-Jährige. „Sie reagieren gar nicht, sagen immer nur: ,Ich nix verstehen’.“ Offenbar wollen sie nicht verstehen, so ihr Eindruck. „Einfach kein Respekt“, ist die einhellige Meinung unter Besuchern und Mitarbeitern.

Um die Situation zu entschärfen, will Sehrt zunächst versuchen, die Nummerngruppen der Asylbewerber mit denen der regulären Besucher zu mischen, damit der Andrang weniger wird. Die Realität zeigt jedoch: „Alle halbe Stunde ist eine andere Gruppe dran. Wir sind aber meist bis zu eine Stunde im Verzug.“ Auch dass viele Asylbewerber mit der gesamten Familie anrücken, kommt bei den Stammbesuchern nicht gut an: „Das ist doch kein Ort für Kinder. Der Bedarf ist ohnehin auf dem Tafelausweis vermerkt.“

Tafel-Personal überfordert

Seit Mitte Dezember sei die Situation so prekär, berichtet Sehrt. Die Schuld sieht er nicht bei den Asylbewerbern. Die hätten schließlich einen Anspruch darauf und kriegen bei den Unterkünften gesagt: „Geht zur Tafel.“ Bei der Caritas oder dem Diakonischen Hilfswerk gibt es eine Erstprüfung. Wer bedürftig ist, erhält einen Tafelausweis. Darunter fallen Menschen mit Hartz IV, Rentner, die Wohngeld oder ähnliche Bezüge erhalten und eben Asylbewerber. Mittlerweile prüft die Tafel sogar selbst. „Was soll ich den Asylbewerber wegschicken? Mit dem Dokument vom Amt ist die Sache doch ohnehin klar“, sagt Sehrt.

Vor allem sei aber das Tafel-Personal überfordert. „Unsere Ehrenamtlichen sind meist Rentner, viele Ü-70, die schaffen das körperlich nicht mehr.“ Im Dezember mussten die Ausgabezeiten oft um bis zu zwei Stunden verlängert werden. Weil er keinerlei Auskunft von der Stadt erhält, wie viele Bedürftige, die sich selbst verpflegen müssen, tatsächlich auf ihn zukommen könnten, macht für Sehrt die Lage unkalkulierbar. „Wüssten wir, wie viele Menschen in welchem Zeitraum kommen, könnten wir uns langfristig anders organisieren.“ So aber mogelt man sich von Ausgabetermin zu Ausgabetermin weiter. „Bis der Knoten platzt“, warnt Sehrt.

Asylbewerber verpflegen sich selbst

Warum schlagen überhaupt immer mehr Asylbewerber bei der Tafel auf? In Worms verpflegen sich die Asylbewerber selbst. Angelika Wahl vom Helfer- und Unterstützungskreis Asyl hatte das 2014 durchgesetzt, weil die Flüchtlinge offenbar kein Catering wollten, da es nicht ihren religiösen Traditionen und Geschmacksgewohnheiten entsprach. Lediglich die Bewohner der Notunterkunft in der Nikolaus-Dörr-Halle werden noch vom ASB versorgt, da dort keine ausreichend große Küche vorhanden ist.

Die Stadt schätzt die Lage folgendermaßen ein: „Die Regelsätze sind so bemessen, dass sich Leistungsempfänger Lebensmittel in regulären Geschäften kaufen können.“ Ob sie tatsächlich ausreichten, sei „eine Frage des Wirtschaftens“, so eine Stadtsprecherin. Die Nutzung der Tafel sei jedoch nicht als Ergänzung der Transferleistungen gedacht, sie solle nur finanzielle Engpässe ausgleichen: „Eine durchgängige Versorgung bei der Tafel ist nicht vorgesehen.“

Frisches Obst gefragt

Trotzdem stehen zu den Ausgabezeiten dienstags und donnerstags immer mehr Asylbewerber vor der Tür. „Normale Lebensmittel kann ich mir von dem Geld kaufen, aber für frisches Obst, Fisch und Fleisch reicht es nicht, die sind im Supermarkt zu teuer“, sagt ein 29-jähriger Somalier.

Auch Sehrt hat bemerkt, dass sich die Anforderungen an Lebensmittel geändert haben: Der Bedarf an Fisch, Geflügel und Rind sei gestiegen: „Glücklicherweise kann ich Geldspenden gezielt lenken, nicht aber die Zahl der Helfer.“ Wenn nichts mehr geht, dann macht er eben dicht.

Quelle: Wormser Zeitung

Schottener Tafel bedient muslimische Asylanten offenbar zuerst – den „Rest“ bekommen Deutsche

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