Nach dem Berliner Anschlag haben die Behörden begonnen, alle Gefährder nochmals zu überprüfen. Drei von ihnen sind nicht auffindbar – wie im Fall des Attentäters Amri. Die Debatte über die Konsequenzen aus dem Anschlag geht weiter.
Die Sicherheitsbehörden haben drei als Gefährder eingestufte Islamisten aus den Augen verloren. In der Sitzung des Innenausschusses hätten die Behörden mitgeteilt, dass sie von drei der 547 bekannten Gefährder den konkreten Aufenthaltsort im Augenblick nicht kennen würden, sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka. Dies sei ein Sicherheitsrisiko, denn auch der Berlin-Attentäter Anis Amri sei in den Wochen vor dem Anschlag vom Radarschirm verschwunden.
Innenausschuss des Bundestages berät über Konsequenzen im Fall Amri
tagesschau 17:00 Uhr, 18.01.2017, Michael Stempfle, ARD Berlin
Behörden und Politik müssten daran arbeiten, dass es solche Risiken nicht mehr gebe. So müssten strafrechtliche Delikte dazu genutzt werden, Personen in Haft zu nehmen. Bei Amri habe es Fehler gegeben, die ihn letztlich den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt ermöglicht hätten.
Gefährder werden neu überprüft
Als Reaktion auf den Weihnachtsmarktanschlag in Berlin überprüfen die Sicherheitsbehörden alle ihnen bekannten Gefährder. Die zuständige Arbeitsgruppe im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern nehme in mehreren Sondersitzungen „jeden ihr bekannten Gefährder unter die Lupe“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in einer aktuellen Stunde des Bundestags zur Sicherheitslage. Die Expertenrunde prüfe nochmals, „ob Abschiebungen oder ähnliche Maßnahmen erforderlich sind“.
Er habe außerdem das Bundeskriminalamt (BKA) beauftragt, die Risikobewertung von Gefährdern und Gewaltstraftätern zu verbessern, sagte der CDU-Politiker. Er forderte das BKA zudem auf, Pläne zur Vereinheitlichung der Gefährderbewertung voranzutreiben. Zwar gebe es eine Definition von Gefährdern und bundesweite Leitlinien zum Umgang mit ihnen. Aber die Bewertung von Gefährdern und die taktischen Maßnahmen nehme immer noch jedes Land „sehr für sich alleine vor“, bemängelte de Maizière. Notwendig sei eine bundesweit einheitliche Bewertung.
Regierung und Opposition lieferten sich in der Debatte einen Schlagabtausch über die Konsequenzen aus dem Berliner Anschlag. Linkspartei und Grüne warfen der Großen Koalition vor, zu schnell nach neuen Gesetzen zu rufen, die Union warf der Opposition eine Blockade notwendiger Neuregelungen vor.
Amri nur knapp entkommen?
Nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland soll Amri nach dem Anschlag nur äußerst knapp entwischt sein. Der Tunesier sei zwei Tage nach dem Attentat in einem Bus im niederrheinischen Emmerich gesehen worden. Dem BKA liege in diesem Zusammenhang die Aussage eines glaubwürdigen Zeugen vor, hieß es demnach in Sicherheitskreisen. In Emmerich befindet sich eine Flüchtlingsunterkunft, in der Amri zeitweise gemeldet war. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft wollte zu dem Bericht auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP keine Stellung nehmen.
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