
Mit dem Verzicht auf Schweinefleisch sollte Rücksicht auf zwei Mädchen genommen werden.
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Leipzig – Wirbel um Schweinefleisch-Verbot in Kitas: Nachdem in zwei Kindereinrichtungen in Leipzig (Sachsen) seit kurzer Zeit keine Wiener Schnitzel oder Bockwürstchen mehr auf den Tisch kamen, gab es für die Einrichtungen (mit insgesamt 300 Kindern) massive Drohungen im Netz. Nun hat der Träger reagiert.
Kitas streicht Schweinefleisch: Rücksicht auf Muslime
Die Umstellung betraf die Rolando-Toro-Kita und der Konfuzius-Kita: Alle Kinder verzichteten dort beispielsweise auf Frikadellen aus Schweinefleisch und Süßigkeiten, die Gelatine beinhalten. Zuerst berichtete über den Fall die „Bild“. Doch was genau steckte hinter der Änderung des Speiseplans?
Laut Informationen der Zeitung wurde damit auf zwei kleine Mädchen im Alter von zwei und drei Jahren Rücksicht genommen. Kleine Gruppen werden in den besagten Kitas offensichtlich sehr ernst genommen.
Das signalisiert zumindest der Chef des Kita-Trägers, Wolfgang Schäfer. Gegenüber „Bild“ sagte er: „Es wird keines der Kinder darunter leiden, auch wenn es zwei Handvoll Hardliner bei den Eltern gibt, die unbedingt ihr deutsches Mittagessen fordern.“
Politiker schimpfen über Entscheidung der Kita
Gegenwind war aber nicht nur bei den Eltern spürbar. Die sächsische CDU sprach von einem „Verbot von Schweinefleisch“ und bezeichnete dies als inakzeptabel. Landes-Generalsekretär Alexander Dierks erklärte, selbstverständlich solle und könne „niemand gegen seinen Willen gezwungen werden, etwas Bestimmtes zu essen. Aber ein Verbot ist der falsche Weg“.
Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD), selbst Muslimin, twitterte: „Wenn Kitas, Schulen und sonstige Einrichtungen lieber vegetarisch statt Fleisch servieren – fine with me. Ich bin nur dagegen, wenn es heißt: aus Rücksicht auf Muslime.“
AfD-Bundestagsfraktionsvize Beatrix von Storch sprach von einer „kulturellen Unterwerfung“. 300 Kinder in den beiden Kitas würden jetzt gezwungen, ihre Ernährungs- und Lebensgewohnheiten wegen zweier muslimischer Kinder zu ändern. „Man stelle sich nur vor, deutsche Kinder in Riad würden dort ihr Recht auf Currywurst erstreiten und die Mehrheitsgesellschaft zwingen, ihre Ernährung umzustellen.“
Schweinefleisch-Verbot in Kitas: Betreiber rudert zurück
Im Netz hagelte es Beschimpfungen und Drohungen. Die Einrichtungen mussten laut „Bild“ sogar unter Polizeischutz gestellt werden.
„Wir haben festgestellt, dass unsere Entscheidung, in unseren beiden Kindergärten auf Schweinefleisch zu verzichten, viel Öffentlichkeit erzeugt hat“, zitiert die „Bild“ am Dienstag aus einem Brief an die Eltern. Das Thema würde nun erst im August wieder diskutiert und eine Entscheidung solange ausgesetzt.
Schweinefleisch an Schulen und Kitas: Schon 2016 bei Christian Schmidt eine Diskussion
Übrigens ist der Konflikt nicht ganz neu. Schon im Jahr 2016 ärgerte sich der damalige Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CDU) über dieses Thema.

Dagegen: Der damalige Bundesernährungsminister, Christian Schmidt, warnte schon im Jahr 2016 davor, Kindern Schweinefleisch zu verwehren.
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Der Politiker wollte damals nicht, dass Schweinefleisch in Schulen oder Kitas vom Menü gestrichen wird. „Jedes Kind sollte die Auswahl haben, ob es Rind-, Schweinefleisch, Fisch oder eben vegetarisch essen möchte“, sagte er damals.
Kita streicht Schweinefleisch: Das steht im Koran
Warum dürfen Muslime eigentlich kein Schweinefleisch essen? Es gibt eine Passage im Koran, die den Genuss dieses Fleisches verbietet. Hier der Auszug aus der religiösen Schrift: „Verboten hat er euch nur Fleisch von verendeten Tieren, Blut, Schweinefleisch und Fleisch, worüber (beim Schlachten) ein anderes Wesen als Gott angerufen worden ist. Aber wenn einer sich in einer Zwangslage befindet, ohne etwas Verbotenes zu begehen, trifft ihn keine Schuld.“
Das heißt am Ende: Es gibt religiöse Ausnahmeregelungen, die den Konsum von Schweinefleisch unter Umständen tolerieren. Befindet sich der Moslem in einer Notlage oder weiß gar nicht, dass es sich um Schweinefleisch handelt, das er gegessen hat, dann vergibt Allah dem Gläubigen den Fehltritt.