Musste eine junge Frau aus dem Iran sterben, weil sie andere Vorstellungen vom Leben hatte als ihr Freund? Die Lübecker Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass hier das Motiv für den Mord an der 28-Jährigen zu suchen ist. Ihr aus dem Irak stammender heute 23 Jahre alter Freund soll sie im Februar mit 34 Messerstichen getötet haben, weil sie sich auch mit einem anderen Mann traf. Seit Mittwoch steht der 23-Jährige wegen Mordes in Lübeck vor Gericht.
Zu Beginn verlas Staatsanwältin Ann-Sophie Portius die Anklage, die dem 23-Jährigen Mord aus niederen Beweggründen vorwirft. Er und die Frau seien etwa drei Monaten ein Paar gewesen, sagte Portius. „Er wollte sie heiraten, doch sie wollte lieber ihre Freiheit genießen, weshalb es häufiger Streit zwischen ihnen gab“, sagte die Staatsanwältin. Deshalb habe der Angeklagte seiner Freundin nachspioniert. Am Abend des 15. Februar habe er mitbekommen, dass sie sich mit einem anderen Mann getroffen habe.
Am Morgen des 16. Februar holte er sie dann unter dem Vorwand, mit ihr reden zu wollen, mit dem Auto aus ihrer Wohnung ab, heißt es in der Anklage. Er fuhr mit ihr auf Umwegen zu einem kleinen Feldweg in Gremersdorf nahe Heiligenhafen. Dort zog der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft ein mitgebrachtes Küchenmesser mit 15 Zentimeter langer Klinge hervor und stach damit 34 mal auf sein Opfer ein. „Der Angeklagte betrachtete seine Freundin als seinen Besitz und wollte mit der Tat verhindern, dass ein anderer Mann sie bekommt“, sagte Portius.
Der fast noch kindlich wirkende Angeklagte folgte der Verlesung der Anklage mit weitgehend ausdrucksloser Miene. „Mein Mandant will sich weder zum Tatvorwurf noch zu seiner Person äußern,“ sagte seine Verteidigerin Lena Alpay-Esch am Mittwoch. Bereits im Ermittlungsverfahren hatte der Angeklagte geschwiegen. Er war am 18. Februar unter dringendem Tatverdacht festgenommen worden und sitzt seither in Untersuchungshaft.
Die Plätze der Nebenkläger – Vater und Schwester der Getöteten – blieben am Mittwoch leer. Die im Iran lebende Schwester habe wegen eines falsch datierten Visums nicht rechtzeitig zu Prozessbeginn nach Lübeck kommen können, sagte Nebenklagevertreter Sebastian Brill. „Zum nächsten Verhandlungstag wird sie aber anwesend sein. Die Familie möchte mit dem Tod ihrer Schwester und Tochter abschließen können“, sagte er.
Der Prozess wird am 19. August fortgesetzt. Ein Urteil wird für Anfang November erwartet.