Ab Dienstag steht ein 43-jähriger Libanese vor Gericht. Die Anklage wirft ihm vor, einen Familienvater erstochen zu haben.
Berlin. Mord, schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, Einbruchdiebstahl, versuchter Raub mit Todesfolge, versuchte Nötigung – die Liste der Vorwürfe, die die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Omar A.-K. erhebt, ist lang. Von Dienstag an muss er sich dafür vor Gericht verantworten.
Wohnungseinbrüche, vornehmlich in Kreuzberg und Neukölln begangen, sollen die Spezialität des 43-Jährigen gewesen sein. Mehrfach soll er dabei von den Wohnungsinhabern überrascht worden sein, einer der Betroffenen überlebte die Begegnung mit dem Einbrecher nicht.
Den Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zufolge stieg Omar A.-K. am 27. September vergangenen Jahres über ein Baugerüst in eine Wohnung an der Alexandrinenstraße in Kreuzberg ein. Dort soll er sich umgehend auf die Suche nach lohnender Beute gemacht haben. Dabei traf er auf den 54 Jahre alten Mieter Detlef L., einem Vater von fünf Kindern. Es kam zu einem Handgemenge. Dabei, so die Anklage, stieß der Eindringling mit einem Messer zu.
Familienvater starb einen Tag später im Krankenhaus
Nachdem das Opfer schwer verletzt zusammengebrochen war, soll der Angeklagte aus der Hosentasche des am Boden liegenden 54-Jährigen noch Bargeld herausgenommen haben und dann durchs Treppenhaus geflüchtet sein, ohne auch nur einen Gedanken an sein schwer verletztes Opfer zu verschwenden. Auch L. selbst schleppte sich noch ins Freie, brach dort aber aufgrund seiner schweren Verletzungen und des hohen Blutverlustes zusammen. Trotz aller Bemühungen der Ärzte starb der Familienvater einen Tag später in einem Krankenhaus.
Während eine Mordkommission des Landeskriminalamtes (LKA) und das Einbruchkommissariat der zuständigen Direktion 5 gemeinsam nach dem Täter fahndeten, soll A.-K. ungerührt weiter seiner kriminellen Hauptbeschäftigung nachgegangen sein. Nur zwei Tage später drang er nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft in eine Wohnung in Neukölln ein, wo er vom anwesenden Mieter überrascht wurde. Durch Bedrohung mit einem Messer eingeschüchtert, übergab der Wohnungsinhaber dem Einbrecher 55 Euro.
Wieder zwei Tage später, am 1. Oktober 2018, hebelte der 43-Jährige laut Anklage die Balkontür einer Wohnung in Kreuzberg auf. Seine Suche nach Beute soll er allerdings abgebrochen haben, weil Anwohner auf den Einbruch aufmerksam wurden. Als einer der Nachbarn versuchte, den mutmaßlichen Täter an der Flucht zu hindern, soll er ebenfalls mit einem Messer bedroht worden sein.
Ein Nachbar verfolgte den Flüchtenden
Der Nachbar ließ sich von den Drohungen jedoch nicht einschüchtern und verfolgte den Flüchtenden weiter. Andere Anwohner alarmierten die Polizei, und kurze Zeit später konnte der 43-Jährige am U-Bahnhof Hallesches Tor festgenommen werden. Ein Ermittlungsrichter erließ Haftbefehl, seither sitzt Omar A.-K. in Untersuchungshaft.
Die Ermittlungen gegen den dringend Tatverdächtigen und der Abgleich von DNA-Spuren erbrachten schließlich Hinweise auf zwei weitere Taten, die bereits länger zurücklagen. Danach soll A.-K. bereits im April 2012 in einer Wohnung einen Laptop und mehrere Uhren erbeutet haben. Einen Zeugen, der ihn bei dem Einbruch überraschte, soll A.-K. gefesselt und in einer Kammer der Wohnung eingesperrt haben, um ungehindert mit seiner Beute zu entkommen.
Zudem wird dem Angeklagten noch ein weiterer Wohnungseinbruch im November 2015 in Mitte vorgeworfen. Anstatt wie gewohnt mit einem Messer, soll er die Wohnungsinhaberin in diesem Fall mit einem Schraubendreher bedroht und zudem mehrfach auf die Frau eingeschlagen haben. Beute: 70 Euro.
Der Libanese soll drogensüchtig sein
Wie die Berliner Morgenpost aus Polizeikreisen erfuhr, galt Omar A.-K. bereits zum Zeitpunkt seiner Festnahme als „Stammkunde“ der Behörde. Den Beamten der entsprechenden Fachdienststellen ist er wegen zahlreicher Delikte – Raub, Diebstahl, Drogenhandel – bestens bekannt. Der mit einer Duldung in Deutschland lebende Libanese soll selbst drogenabhängig und zeitweise obdachlos gewesen sein.
Wenige Wochen vor der Tat, die Familienvater Detlef L. das Leben kostete, soll A.-K. wegen eines anderen schweren Gewaltverbrechens zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sein. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig war, blieb er zunächst auf freiem Fuß, was er offenbar zu weiteren Taten nutzte.
Ein Bruder des Angeklagten ist der Mörder eines SEK-Beamten
Omar A.-K. ist nicht das einzige Mitglied seiner weit verzweigten Familie, das sich wegen Mordes vor Gericht verantworten muss. Vor zwei Tagen, am Sonnabend, jährte sich zum 16. Mal der Tag, an dem der Polizeibeamte Roland Krüger, allseits unter seinem Spitznamen „Bulette“ bekannt, während eines Einsatzes erschossen wurde. Der Mörder des damals 37-jährigen SEK-Beamten ist ein Bruder von Omar A.-K.
Yassin A.-K. wurde noch am Tatort festgenommen, zu lebenslanger Haft verurteilt und 2018 entlassen. Seine Abschiebung in den Libanon scheiterte an fehlenden Papieren und an einer Gerichtsentscheidung, in der befunden wurde, eine Abschiebung des Polizistenmörders sei für seine in Deutschland lebende Familie (sechs Kinder) eine unzumutbare Härte. Yassin A.-K. reiste im vergangenen Jahr freiwillig aus, ihm steht allerdings ein ausdrückliches Rückkehrrecht zu.