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Feb 27

Moslemische Mord- Drohungen: Zweiter Prozess um Mord in Gonterskirchen beginnt

Spurensicherung: Experten der Kriminalpolizei untersuchten am 29. November 2017 den Tatort in Gonterskirchen. Foto: dpa

Ein 25-Jähriger berichtet zum Auftakt des zweiten Prozesses um den Mord in Gonterskirchen von massiven Anfeindungen eines Angeklagten: Dieser habe gedroht, „er würde meine Familie abschlachten“.

Kreis Gießen – Über das blutige Verbrechen sollen die Männer natürlich nicht miteinander sprechen. Weder im Prozess vor dem Landgericht noch zwischendurch im Gefängnis. Zumal sie sich offenbar untereinander auf Berberisch verständigen und Gespräche somit von den Justizbeamten nicht mitgehört werden können. Angesichts von insgesamt sechs Angeklagten in nunmehr zwei Strafverfahren ist das für Justitias Mitarbeiter eine logistische Herausforderung. Und deshalb sind die Komplizen, die nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft für den brutalen Überfall auf ein Paar in Gonterskirchen am 28. November 2017 verantwortlich sind, auf mehrere hessische Justizvollzugsanstalten (JVA) verteilt untergebracht. Rund um einen Verhandlungstag im Herbst soll es allerdings dennoch zu einem Wortwechsel zwischen Angeklagten im Gießener Gefängnis gekommen sein. Über den Inhalt gibt es jedoch zwei völlig unterschiedliche Versionen. Unverkennbar ist ohnehin seit Längerem, dass die Männer ihren Tatbeitrag kleinreden und die Mitangeklagten belasten.
Eine tränenreiche Entschuldigung beschreibt am Montag ein Frankfurter Rechtsanwalt am 21. Verhandlungstag gegen fünf Angeklagte vor der Jugendkammer. Dabei soll ein 25-Jähriger gegenüber seinem Mandanten eingestanden haben, dass sein jüngerer Bruder für den Tod des Mannes in der Anliegerwohnung verantwortlich sei.
Zum Auftakt seiner Hauptverhandlung versichert der 25-Jährige indes, dass er von dem Mann durch die Zellentür in der JVA massiv bedroht worden sei. „Er hat gesagt, ich solle schweigen.“ Und um diesem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, habe der 42-Jährige angekündigt, „er würde meine Familie und meine Freundin abschlachten“. Damals hatte der 25-Jährige trotzdem als Zeuge ausgesagt. „Allerdings habe ich nicht die ganze Wahrheit gesagt.“ Das werde er am nächsten Verhandlungstag nachholen. Zumal er auf dem Gefängnisflur noch von einem zweiten Angeklagten bedrängt worden sei. Der Frankfurter Verteidiger hat in dem anderen Prozess am Montag wiederum beantragt, dass noch mehrere Mithäftlinge als Zeugen gehört werden sollen, da sie angeblich entweder das Gespräch in der JVA Gießen oder aber sogar das Geständnis des jüngeren Bruders im Gefängnis in Preungesheim mitbekommen haben.
Die Konstellation ist außergewöhnlich und für das Gießener Landgericht wohl auch eine Premiere: Während sich vor der Jugendkammer seit August fünf Männer – einer von ihnen gilt noch als Heranwachsender – wegen Mordes, versuchten Mordes und besonders schwerer Brandstiftung verantworten müssen, steht seit Dienstag nun ein sechster Angeklagter wegen genau desselben Verbrechens vor der Schwurgerichtskammer. Obendrein ist ein siebter Verdächtiger weiterhin auf der Flucht. Sollte er irgendwann gefasst werden, folgt ein dritter Prozess.
Hintergrund sind Fristen zur Untersuchungshaft, die in der Strafprozessordnung geregelt sind. Demnach darf diese nur unter besonderen Voraussetzungen länger als sechs Monate andauern. Nach dem Verbrechen in Gonterskirchen konnten die Ermittler schnell zwei Männer aus Friedrichsdorf verhaften. Es folgten im Februar und März die Festnahmen von drei Verdächtigen aus Belgien. Gegen diese fünf hat die Staatsanwaltschaft im April Anklage erhoben. Unterdessen wurde im Frühjahr – wiederum in Belgien – der 25-Jährige festgenommen, aber erst im September nach Gießen ausgeliefert. Da der Prozess gegen die fünf Anderen aber seit dem 7. August läuft, war ein zweites Verfahren notwendig. Dort müssen nun noch einmal alle Zeugen und Sachverständigen gehört werden.
Zusätzlich kompliziert wird der Fall dadurch, dass den Komplizen ganz unterschiedliche Tatbeteiligungen zur Last gelegt werden. Hinzu kommt, dass zwei von ihnen wohl gar nicht in dem Haus in Gonterskirchen waren, sondern ganz in der Nähe mit einem im Schlamm festgefahrenen Mietwagen ziemlich beschäftigt waren. Hintergrund der Bluttat soll verschwundenes Marihuana im Wert von rund 250 000 Euro gewesen sein. Aus Spanien sollte der 57-Jährige, der später gemeinsam mit seiner zwei Jahre älteren Partnerin in Gonterskirchen überwältigt wurde, die 100 Kilogramm Drogen mit einem Wohnmobil nach Deutschland bringen. Auf dem Weg dorthin war er nach seinen Schilderungen überfallen und ausgeraubt worden.
Nachdem alle sieben Verdächtigen den Tatort zunächst gemeinsam ausgekundschaftet haben sollen, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass vier von ihnen das Paar am Abend des 28. November 2017 attackiert haben, um „die Kilos“ zurückzuholen. Dabei scheint die Situation völlig eskaliert zu sein. Um Spuren der Tötung und die Augenzeugin zu beseitigen, hätten die Männer Benzin besorgt und das Haus in Brand gesetzt. „Nur mit letzter Kraft“ konnte sich die Frau zu einem Fenster schleppen und um Hilfe rufen.
Beide Prozesse werden fortgesetzt.

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