Das Interesse der Anwohner ist groß – aber auch die Angst. In den nächsten Wochen soll die neue Flüchtlingsunterkunft an der Brucknerstraße bezogen werden. Am Donnerstag haben Vertreter der Stadt und des Landkreises Ludwigsburg versucht, die Nachbarn zu beruhigen.
Ludwigsburg – In zwei Wochen sollen die ersten Flüchtlinge in die neue Unterkunft an der Brucknerstraße einziehen. Am Donnerstag hatten die Stadt und der Landkreis Ludwigsburg die Bürger noch einmal zur Besichtigung eingeladen – und das Interesse der Anwohner war groß. Martin Schliereke, der Leiter des Fachbereichs Asyl im Landratsamt, hatte Mühe, die Nachbarn davon zu überzeugen, dass die Behörde nicht daran denkt, ausschließlich junge Männer in dem von der Ludwigsburger Wohnbau GmbH (WBL) errichtete Gebäude einzuquartieren. Der sogenannte Cube 11 bietet Platz für 60 Personen.
Sicher fänden es viele überraschend, dass die Kreisbehörde noch immer Gebäude für die Erstaufnahme von Asylbewerbern anmiete, sagte Schliereke. Wo doch alle Medien seit bald einem Jahr verkündeten, dass kaum noch Flüchtlinge ins Land kämen. Tatsächlich aber sei der Druck für die im Landratsamt Zuständigen kaum geringer geworden. „Wir bekommen noch immer pro Monat 150 Flüchtlinge zugeteilt“, sagte Schliereke. „Bis zum Jahresende werden wir voraussichtlich 1800 Personen aufgenommen haben.“
Bietigheimer Halle wird geräumt
Ein Grund: das Landratsamt ist im Rückstand. Die Behörde konnte in den Vorjahren – vor allem 2015 – längst nicht so viele Asylbewerber unterbringen wie ihr vom Land zugeteilt worden waren. Darum gehe es auch noch immer darum, problematische Notunterkünfte zu räumen. „Es wird deshalb für die Brucknerstraße keine echten Neuzuweisungen geben“, sagte der Beauftragte für Asyl, „wir werden hier Flüchtlinge unterbringen, die bisher in der Gewerbehalle in Bietigheim-Bissingen leben. So können wir im August endlich die Gewerbehalle schließen.“
Gäbe es ein Ranking für die 150 Flüchtlingsunterkünfte des Landkreises befände sich der Cube 11 gewiss unter den ersten fünf, sagte Schliereke. Die neue Unterkunft auf dem einstigen Parkplatz an der Kreuzkirche wurde in Modulbauweise errichtet. Für die Außenfassade der beiden Würfel (englisch: Cube), die auf einem Grundriss von 11 mal 11 Meter stehen, wurde Lärchenholz verwendet. Die Decken und Wände im Innern sind mit Fichte verkleidet. Das in Fertigbauweise errichtete Gebäude gilt als Prototyp. Für die WBL markiert es den Einstieg in eine serielle Produktion, bei der es vor allem darauf ankommt, schnell und preisgünstig zu bauen.
„Eingebaute Nachnutzung“
„Es handelt sich um ein vernünftiges Gebäude mit eingebauter Nachnutzung“, sagte der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried. „Zwar weiß im Augenblick kein Mensch, wie lange die Flüchtlinge da sein werden, aber diese Unterkunft wurde so konzipiert, dass sie später ein normales Wohnhaus sein kann.“ Nachhaltigkeit sei hier wie bei der Unterkunft in der Reuteallee in Eglosheim ein entscheidender Faktor. „Allerdings ist die Unterkunft bei der PH größer als hier an der Brucknerstraße“, sagte Seigfried. Sie bietet Platz für 120 Personen und soll im Anschluss in ein Studentenwohnheim verwandelt werden.
Die Kreisbehörde wird im Cube 11 ein Büro für eine Sozialarbeiterin einrichten, außerdem wird ein Hausmeister vor Ort sein, versicherte Schliereke. „Falls es Probleme geben sollte, rufen Sie uns bitte an.“ Wer nicht ins Haus passe, müsse wieder ausziehen, so der Asylbeauftragte. „Was ist denn an dem Gerücht dran, dass hier 60 junge Männer einquartiert werden sollen?“ wollte eine Anwohnerin wissen. „Das ist sicher nicht der Fall“, sagte Schliereke. Auch wenn er nicht versprechen könne, dass es eine reine Familienunterkunft werde, wie es sich die Schlösslesfeldbewohner wünschen. „Wir streben eine Mischbelegung an“, sagte Schliereke. Angestrebt sei ein Verhältnis von 50 zu 50 Prozent.