Statt mit einer Gruppe von Landsleuten zu einer Hochzeitsfeier zu fahren, nutzte ein zuletzt in Bodenkirchen untergebrachter 32-jähriger eritreischer Asylbewerber die Gelegenheit, den neunjährigen Sohn einer Landsfrau sexuell zu missbrauchen. Dafür handelte er sich vor dem Jugendschöffengericht beim Amtsgericht 18 Monate Haft ein.
Eine Gruppe eritreischer Asylbewerber, darunter auch die Mutter des Neunjährigen mit ihren drei weiteren Kindern, fuhr am Nachmittag des 30. Juli letzten Jahres mit einem Bus zum Landshuter Bahnhof, wo man per Zug zu einer Hochzeitsfeier fahren wollte. Am Bahnhof allerdings verabschiedete sich der 32-Jährige überraschend von der Gruppe, wollte angeblich nach Bodenkirchen zurückfahren.
Stattdessen, so die von Staatsanwältin Barbara Keimel vertretene Anklage, kehrte er zur Unterkunft in Kumhausen zurück und traf dort im so genannten Familienzimmer auf den Neunjährigen, der sich dort vom vorausgegangenen Fußballtraining ausruhte. Er missbrauchte daraufhin den Jungen sexuell. Die verbalen und körperlichen Proteste des Buben ignorierte er, ließ aber von dem Neunjährigen ab, als ihm der erklärte, dass er auf die Toilette müsse. Als die Mutter von der Hochzeitsfeier zurückkehrte, informierte der Junge sie über den Vorfall, die Polizei wurde verständigt. Bereits zum Prozessauftakt gab es für den 32-Jährige eine Standpauke von Jugendrichter Kolb: Seine Einlassung, er könne sich an nichts mehr erinnern, sei völlig unglaubwürdig. Müsse der Neunjährige deshalb eine Aussage machen, werde sich das erheblich im Strafmaß auswirken. Der Jugendrichter direkt an den Eritreer gewandt: „Wenn Sie glauben, damit aus der Nummer rauszukommen, werden Sie sich nach dem Prozess wünschen, doch eine Erinnerung gehabt zu haben.” Schon zum Wohle des Buben, so der Richter, solle er ein Geständnis abliefern, das dann auch strafmildernd berücksichtigt werden könne. Im übrigen sei er Gast in diesem Land, wolle Asyl: „Was passiert in Ihrer Heimat, wenn man das Gastrecht verletzt? Entweder halten sie sich an unsere Regeln oder gehen dorthin zurück, wo sie hergekommen sind.”
Nach längerer Rücksprache mit seinen Verteidiger Torstein Grunert räumte der 32-Jährige, seit 2014 im Land, dann tatsächlich die Anklagevorwürfe umfassend ein, machte aber geltend, dass er die zwei Tage vor der Tat schon erheblich alkoholisiert und bekifft gewesen sei. Damit, so sein Verteidiger, sei von eingeschränktem Erinnerungs- und Steuerungsvermögen zur Tatzeit auszugehen. Seinen Alkoholkonsum erklärte der Eritreer damit, dass er seine „Probleme”, u.a. eine Hepatitis-Erkrankung, quasi betäubt habe.
Staatsanwältin Keimel wertete das Geständnis, mit dem dem Buben die Aussage erspart geblieben sei, zwar strafmildernd, verwies andererseits aber auf die gravierenden psychischen Folgen für den Neunjährigen, der nach wie vor in ärztlicher Behandlung sei und an Angstzuständen leide. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten, die angesichts einer alles andere als positiven Sozialprognose nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Nebenklägervertreter Maximilian Kaiser schloss sich weitgehend an, machte aber deutlich, dass das pauschale Geständnis eher ein „Teilschweigen” sei, das einen faden Nachgeschmack hinterlasse; denn tatsächlich seien die sexuellen Handlungen erheblich massiver gewesen als sie die Anklage schildere.
Verteidiger Grunert führte neben dem Geständnis auch strafmildernd an, dass sein Mandant auf den verbalen Widerstand hin von dem Buben abgelassen habe und zumindest alkoholisch enthemmt gewesen sei. Außerdem habe die Verurteilung für den 32-Jährigen, für den eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten angemessen sei, erhebliche (Asylverfahrens-)Konsequenzen. Ohne sein Geständnis, so Jugendrichter Kolb in der Urteilsbegründung, hätte der 32-Jährige mit einem Jahr mehr rechnen müssen. Nach den Zeugenaussagen habe man ausschließen können, dass er zur Tatzeit bekifft gewesen sei, allerdings habe man ihm eine alkoholische Enthemmung nicht widerlegen können. Für seine Tat und das Nachtatverhalten, mit dem er versucht habe, sich feige hinter Alkohol und Drogen zu verstecken, gebe es keinen Funken Verständnis. Für eine Bewährungsstrafe fehlten vor allem die „besonderen Umstände” in der Person: „Nur Saufen und Kiffen bringen es nicht.”