Die Zusammenarbeit mit Marokko soll in diesem Jahr vertieft und so die Zahl der Zuwanderer halbiert werden.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sorgte im Juni letzten Jahres weltweit für Aufsehen, als er 630 Migranten aufnahm, die das Flüchtlingsschiff «Aquarius» aus Seenot gerettet hatte. Während Malta und Italien ihre Häfen dichtmachten, wollte der frisch gekürte Regierungschef ein Zeichen der Menschlichkeit und Solidarität setzen. Auf die Geste folgte eine neue Einwanderungswelle. Spanien wurde im letzten Jahr zum wichtigsten europäischen Einreiseland für Migranten aus Afrika. Im Oktober wurde erstmals in der Geschichte des Landes die Marke von 10 000 Neuankömmlingen in einem Monat überschritten. Im ganzen Jahr legten 57 500 Migranten per Boot an Spaniens Küsten an, weiteren 6800 vorwiegend jungen Männern gelang der Sprung über die Grenzzäune in den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla.
Nach dem Erstarken der neuen ultrarechten Partei Vox und der anhaltenden Kritik der Opposition will Madrid nun eine Kehrtwende bei der Flüchtlingspolitik einleiten. Die Zahl der Flüchtlinge soll dieses Jahr auf rund 30 000 halbiert werden. Fast alle Migranten kommen über Marokko nach Spanien. Deshalb setzt sich Madrid dafür ein, dass die EU das Maghrebland mit Blick auf die Grenzsicherung künftig stärker unterstützt. Die Regierung von Pedro Sánchez arbeitet auch an einem Rückführungsabkommen von Bootsflüchtlingen, die direkt vor der marokkanischen Küste aufgegriffen werden. Bisher wurden solche Migranten von den spanischen Patrouillenbooten in Andalusien an Land gebracht.
Bei den diplomatischen Bemühungen spielt auch Spaniens Monarch Felipe VI eine wichtige Rolle. Er reiste jüngst zusammen mit dem spanischen Aussenminister Josep Borrell nach Rabat, um mit dem marokkanischen König Mohammed über eine Verbesserung der Zusammenarbeit zu beraten. Die Marokkaner haben zu Jahresbeginn wieder mehr Migranten passieren lassen, um Druck auf Madrid auszuüben. Allein bis Mitte Februar gelangten mehr als 5615 Personen von Marokko aus auf spanisches Territorium, doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Die Marokkaner wollen im Gegenzug für ihre Kooperationsbereitschaft freilich nicht nur Geld, sondern auch Unterstützung bei der Entwicklung des eigenen Landes. Dadurch soll auch der Abwanderung der eigenen Bevölkerung vorgebeugt werden. So sollen fortan marokkanische Studenten etwa aus dem Tourismus- und dem Gesundheitssektor Kurse in Spanien belegen und danach ihre Kenntnisse im eigenen Land zur Anwendung bringen. Bei einem für März geplanten Regierungsgipfel sollen diese Themen besprochen werden. Madrid ist vor allem daran gelegen, dass Marokkaner, die illegal eingewandert sind, schneller in die Heimat zurückgeführt werden können. Ein besonders heikles Thema ist dabei die Zukunft von etwa 8000 Minderjährigen, die auf der Suche nach einer besseren Zukunft unbegleitet nach Spanien kamen und nun in Heimen aufwachsen. Die Regierung von Sánchez will diese Jugendlichen am liebsten sofort nach Marokko zurückbringen. Grundlage bildet ein bilateraler Vertrag, der 2007 unterzeichnet wurde, aber bis heute nicht in die Praxis umgesetzt wird.