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Apr 09

Terror-Augenzeuge: „Der Lastwagen raste auf Mutter mit Kind zu – ich kam zu spät“

Der Bar-Besitzer Gabriel blickt auf niedergelegte Blumen am Anschlagsort
FOCUS Online

Es ist Freitagnachmittag, kurz vor 15 Uhr. Bar-Besitzer Gabriel sitzt mit seinem Geschäftspartner Alex in seinem „Cafe Bel Mondo“ in der Stockholmer Innenstadt.

Sie trinken Espresso, reden über ein bevorstehendes Geschäftstreffen. Gabriel sitzt mit dem Rücken zur beliebten Einkaufsstraße Drottninggatan. Plötzlich unterbricht Alex das Gespräch. „Da rennen Menschen durch die Straße und schreien. Verdammt, was ist da los?“ Die beiden Männer stürzen nach draußen und werden Zeugen, wie der Attentäter seine ersten Opfer überfährt.

Das „Cafe Bel Mondo“ liegt nur einen Häuserblock entfernt vom Tapas Restaurant „Caliente“. Hier stahl der Stockholmer Attentäter gegen 14.50 Uhr einen Brauerei-Lastwagen. Dann fuhr er die Einkaufsstraße Drottninggatan entlang, auf der sich zu diesem Zeitpunkt hunderte Menschen aufhielten. Auf seinen ersten Metern, vorbei am „Cafe Bel Mondo“ und über die Kreuzung zur „Olof Palme Gate“, überfuhr er vier Menschen, wie Bar-Besitzer Gabriel berichtet.

„Ich nahm das Kind auf den Arm, es weinte“

„Ich sah, wie der Lastwagen an meinem Restaurant vorbei raste. Er war schnell, Tempo 80 bestimmt“, sagt Gabriel. Der 29-Jährige wendet seinen Blick die Straße runter, in Fahrtrichtung des Lastwagens. An der Kreuzung sieht er gerade noch, wie eine Mutter, an ihrer Hand ein kleines Mädchen, mit einem Kinderwagen über die Straße läuft. Gabriel, selber seit elf Monaten Vater, bleibt das Herz stehen.

„Der Lastwagen hielt genau auf die Mutter zu. Ich bin losgerannt, aber es war zu spät. Der Wagen erwischte die Mutter mit ihrem Kinderwagen. Aber er verfehlte das kleine Mädchen. Es blieb am selben Ort stehen. Ich kam Sekunden danach. Ich nahm das Kind auf den Arm, es weinte.“

Angst um Frau und sein Kind

Sofort wird Gabriel umringt von weiteren Augenzeugen. Sie blicken auf die Mutter, sie liegt auf dem Asphalt, das Gesicht blutrot, sie spuckt, blubbert. Eine Frau fragt nach dem Kind auf Gabriels Arm. Er erklärt, wen er da auf dem Arm hat. „Ich habe das Kind der Frau übergeben. Ich wollte der Mutter helfen. Sie sah furchtbar aus. Doch ich hatte Angst, dass ich alles noch schlimmer mache. Deshalb habe ich den Notruf gewählt.“

Es dauert nur wenige Minuten, bis mehrere Notärzte am Tatort eintreffen. In der Straße rund um Gabriels Bar liegen vier Menschen. Und der Lastwagen rast weiter.

Gabriel weiß nicht, ob die Frau überlebt hat

Gabriel bekommt Angst um seine Frau und sein Kind. Denn sie wollen ihn besuchen und wie so oft den Drottninggatan entlanglaufen. Panisch tippt er Nachrichten via Whatsapp an sie und seine ganze Familie. „Terror Attacke“. „In Drottninggatan.“ „Bleibt alle zuhause.“ „Terror, Terror“.

Er selber wird von eintreffenden Polizeibeamten in sein Restaurant geschoben, muss alle Türen zur Drottninggatan schließen, zu einem Hinterausgang fliehen er und seine Gäste. „Zu diesem Zeitpunkt habe ich das erste Mal um mich selber Angst bekommen. Ich dachte: ‚Was, wenn es mehrere Attentäter sind.‘“ Doch es bleibt bei dieser einen Wahnsinnstat.

FOCUS Online

Am Tag danach steht Gabriel wieder in seinem Restaurant, serviert seinen Gästen Milchkaffee und Zimt-Rollen. Er denkt an die Mutter, das junge Mädchen. Er weiß nicht, ob die Frau überlebt hat, die Polizei konnte ihm keine Auskunft geben. „Ich wünsche ihr alles Gute. Es wäre schlimm, wenn auch sie zum Opfer dieses Terroristen geworden ist.“

Quelle: Focus

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