1100 Flüchtlinge sollten in der ehemaligen Tetra-Pak-Fabrik untergebracht werden, der Mietvertrag läuft seit anderthalb Jahren. 158.576 Euro zahlt Berlin monatlich. Doch kein Mensch lebte bisher in der alten Fabrik. Jetzt gibt’s Zoff.
Monatelang verhandelte Christian Krawinkel mit der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) über die Vermietung des Tetra-Pak-Geländes. Am Ende stand ein dreieinhalbjähriger Vertrag, die BIM wollte zudem die Innenausbaukosten von mehr als 1,5 Millionen Euro übernehmen. Auf ein Sonderkündigungsrecht wurde verzichtet – nun muss bis 2019 gezahlt werden, mehr als 6,4 Millionen Euro kommen so zusammen.
Die BIM gibt das Dilemma gegenüber dem KURIER zu: „Zusätzliche zu Notunterkünften umgenutzte Lagerhallen werden zur Zeit nicht mehr benötigt. Der Fokus liegt auf anderen Unterbringungsformen. Das Gelände wird daher derzeit nicht als Notunterkunft hergerichtet“, so eine Sprecherin.
Wer trägt die Schuld an der Verschwendung von Steuergeld? Verhandlungsführer Christian Krawinkel weist Vorwürfe von „Abzocke“ von sich. „Das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe. Ich hatte keine Wahl, da die BIM die Immobilie hätte beschlagnahmen können.“ Im Dezember 2015 wurde der Vertrag unterzeichnet.
Auch Frank Balzer, damals wie heute Bezirksbürgermeister, hat nach eigener Aussage nichts mit dem missglückten Deal zu tun. Er will schon früh auf Mängel in der Halle (etwa eine angeblich nicht funktionierende Wasserversorgung) hingewiesen haben. „Der finanzielle Schaden für das Land Berlin schmerzt erheblich“, sagte er, fordert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Krawinkel kann diese Aussagen nicht nachvollziehen. Er betont, dass die Halle, die ebenfalls von der BIM gemieteten Bürogebäude und die Außenanlage in gutem Zustand gewesen sei. Der Unternehmer verweist darauf, dass CDU-Politiker Balzer ihm unter anderem zugesichert habe, von Bezirksseite aus einen Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes beim Senat zu stellen – wenn Krawinkel es gelänge, dass statt einem Einzug von Flüchtlingen mehr als 1200 sozialverträgliche Wohnungen entstehen würden.
Krawinkel: „Die Reinickendorfer waren von dem Vorhaben einer Unterkunft nicht begeistert, die Wahl stand in wenigen Monaten an…“ Der Unternehmer wirft Balzer vor, das Projekt von Beginn an nicht gewollt zu haben. Der damals zuständige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) schiebt laut „Stern“ die Schuld an die Behörde von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD).
Wie geht es nun weiter? Geflohene Menschen leben noch immer nicht in Heiligensee, gebaggert wird auch nicht. Czajas Amtsnachfolgerin Elke Breitenbach (Linke) bat Christian Krawinkel, mit der BIM über einen Ausstieg aus dem Vertrag zu verhandeln. Er ist bereit dazu. Die Wohnungspläne befinden sich noch in Aktenschränken seiner Firma CKV.