Der Täter ist gefasst – und doch steht die Polizei vor einem Rätsel.
Warum erschoss Gökmen Tanis (37) am Montag in einer Straßenbahn in Utrecht (Holland) drei Menschen und verletzte weitere fünf – drei davon lebensgefährlich?
Der in der Türkei geborene Tanis wurde am frühen Abend bei einer Wohnungsdurchsuchung im Norden der Innenstadt festgenommen, berichtete die Polizei, nur wenige Kilometer vom Tatort entfernt. Es sei außerdem ein weiterer Mann festgenommen worden, der mit der Tat in Verbindung stehen soll.
Der polizeibekannte Mann war seit der Tat um 10.45 Uhr auf der Flucht gewesen. Die Polizei hatte vier Stunden nach der Schießerei ein Foto von Tanis veröffentlicht – aufgenommen von einer Überwachungskamera in der Straßenbahn.
Die Polizei suchte mit Helikoptern, Hunden, führte Razzien durch, durchsuchte Wohnungen und vernahm Tanis‘ Bruder. Dann wurde mit Hilfe der Öffentlichkeit ein roter, verlassener Renault Clio gefunden, den Tanis gestohlen und dann als Fluchtfahrzeug benutzt hatte.
Erschoss Tanis seine Tante?
Auch nach seiner Festnahme blieb die in der Provinz Utrecht ausgerufene Terrorwarnstufe bestehen – wurde nur von 5 auf 4 heruntergestuft. Die Polizei in den Niederlanden und im angrenzenden Nordrhein-Westfalen blieb in Alarmbereitschaft. Ein Terroranschlag? Es deuten auch einige Hinweise auf ein Familiendrama hin.
Ein Nachbar von Tanis sagte BILD: „Er ist überhaupt nicht religiös oder radikal. Es geht um einen Streit in seiner Familie. Er wollte von einer Tante Geld. Das hat sie ihm aber nicht gegeben.“
Ein Augenzeuge der Tat hatte zuvor berichtet, dass Tanis zunächst nur auf eine Frau geschossen habe. Als Zeugen ihr zur Hilfe eilten, eröffnete der Täter das Feuer auch auf die Helfer. Die niederländischen Medien spekulieren über die Opfer.
Der Fernsehsender RTV berichtet, bei einem der Toten handele es sich um einen Vater von schulpflichtigen Kindern. Ein weiteres soll eine 19 Jahre alte Frau sein. Das „Algemeen Dagblad“ schreibt, das dritte Opfer sei eine Frau, die aus dem gleichen Viertel wie Tanis stammte.
Die Polizei hat sich bislang noch nicht zur Identität der Opfer geäußert.
Vater fordert Strafe
Der Vater des Tatverdächtigen, Mehmet Tanis, forderte die Bestrafung seines Sohns, sollte sich dessen Schuld erweisen, wie die türkische Nachrichtenagentur DHA meldete. Der Mann kehrte demnach nach seiner Scheidung von seiner Frau 2008 in die Türkei zurück. Die Frau und Gökmen blieben in den Niederlanden. “Wenn er es getan hat, muss er bestraft werden“, zitierte DHA den Vater.
Tanis war polizeibekannt
Tanis war der Polizei wohl bekannt. 2013 war er wegen versuchten Mordes angeklagt worden, als er auf eine Wohnhaus schoss. Vor zwei Wochen erst hatte er sich wegen der Vergewaltigung einer Frau im Jahr 2017 vor Gericht verantworten müssen. Sein Vorstrafenregister umfasst weiterhin: Vandalismus, Beleidigung, Bedrohung von Polizisten, Einbruch und Diebstahl.
In Utrecht hatte die Tat für einen Ausnahmezustand gesorgt. Die Menschen waren angehalten, ihre Häuser nicht zu verlassen. Universität, Schulen und Kindergärten schlossen ihre Türen. Auch die Moscheen machten – vor dem Hintergrund des rassistischen Anschlags in Christchurch (Neuseeland) mit 50 Toten am Donnerstag – dicht. Erst nach dem Bekanntwerden von Tanis‘ Festnahme kehrte etwas Leben in die Stadt zurück.
Derweil ringen drei seiner Opfer im Krankenhaus weiter um ihr Leben.